Die Mischung macht's

Mittwoch. 25. April 2018 (Madelaine Ruska)
Lena Grimm bringt einen Vollzeitjob und ein Masterstudium unter einen Hut.

Im Masterstudiengang ZukunfsDesign trifft Abteilungsleiter auf Hausfrau, Heilpraktiker auf Designerin. Als Team kommen sie zu den besten Lösungen.

Lena Grimm beobachtet, wie die kleine Playmobilfigur zum Leben erwacht. Unzählige Fotos der Figur haben die Studierenden zu einem Film zusammengefügt. Stop-Motion heißt diese Technik, mit der man unbeweglichen Objekten Leben einhauchen kann. Statt eine klassische Präsentation vorzutragen, wollen sie mit diesem Film zeigen, welche Vision ihnen vorschwebt. „Das ist auch etwas, was ich hier gelernt habe. Neue Formen der Präsentation zu nutzen“, erzählt Lena Grimm. „Einmal haben wir zum Beispiel einen Tante-Emma-Laden aus Pappe nachgebaut. Damals sollten wir ein Konzept für einen modernen Laden mit traditionellem Hintergrund entwickeln.“

Lena Grimm ist 25 und eine der ersten Studierenden des Masterstudiengangs ZukunftsDesign. In zwei Tagen haben die Gruppen ihre Finals. Dann zeigen sie, was sie ein Semester lang im Team erarbeitet haben. Im Moment gibt es noch Einiges zu tun. Auf dem Firmengelände des Fernsehherstellers Loewe in Kronach hat sich Lenas Team einen Arbeitsraum eingerichtet. Überall liegen Taschen und Jacken verstreut. Zu zweit oder dritt feilen die Studierenden an Texten, gestalten Plakate oder diskutieren letzte Details. Da ist Peter, Werksleiter einer Firma für Glasbehälter; Rüdiger, Heilpraktiker aus Coburg, Maximilian, er berät Startups oder Eva-Maria, Biomedizintechnikerin. Lena ist die Jüngste in der Gruppe. Nach ihrem Textildesign-Studium ist sie bei dem kleinen Modelabel „bleed clothing“ in Münchberg eingestiegen. Bleed entwirft und produziert vegane Kleidung. Ökologisch und fair. Erst war Lena nur fürs Design und die Produktion verantwortlich, mittlerweile ist sie außerdem operative Geschäftsleiterin. „Wir sind in den letzten Jahren stark gewachsen. Da werden jetzt auch Themen wie Strukturen, Mitarbeiterführung oder Innovationsmanagement immer wichtiger“, erzählt sie. Ihre Mutter hat ihr damals einen Artikel zum neuen Studiengang in Kronach gezeigt. Lena war auf der Suche nach einer Möglichkeit, sich weiterzubilden. Nicht nur fachlich, sondern auch persönlich. „Am Anfang war es schwierig zu fassen. Es hieß, es geht um ZukunftsDesign, interdisziplinäre Arbeit, Innovationsmanagement. Das hat grundsätzlich für mich sehr gut gepasst, weil ich etwas studieren wollte, was nicht identisch zu meinem Bachelor-Studiengang war. Aber erst im Laufe des Studiums habe ich gemerkt, wie gut sich das Studium auch mit meiner Arbeit ergänzt.“

Lena Grimm passt perfekt ins Profil von ZukunftsDesign. Jung, kreativ, ihrer Heimat verbunden und trotzdem immer auf der Suche nach Neuem. Als Innovations-Master, der junge kreative Köpfe zusammenbringt, die sich mit Projekten von Institutionen und Unternehmen aus der Region auseinandersetzen, sehen die Verantwortlichen ihren Studiengang. Die Studierenden sollen Neues in die Unternehmen hineintragen, aber auch für sich selbst wichtige Impulse mitnehmen. Die Idee dahinter stammt von Hans Rebhan, Geschäftsführer des Innovations-Zentrum Region Kronach und Michael Pötzl, dem verstorbenen Präsidenten der Hochschule Coburg.

Die Studierenden lernen Kommunikation, Ethik, Nachhaltigkeit, Innovationstechniken oder Teamdynamik und sie bearbeiten jedes Semester ein gemeinsames Projekt. Die Vorlesungen finden am Wochenende statt – Studium und Arbeit können also kombiniert werden.

Ein ganzer Flur mit mehreren Räumen gehört den ZukunftsDesigner*innen in Kronach. Es gibt eine Küche, einen Materialraum mit Stiften, Papier und jeder Menge Technik. Sogar eine kleine Bibliothek gehört dazu. Und nicht nur die Hochschule hat das Loewe-Gelände für sich entdeckt. Kleine Betriebe und junge Startups siedeln sich hier an. Auch der Unternehmensberater Dirk Hubbert hat seinen Sitz in der Industriestraße. Hubbert bezeichnet sich als Business-Coach für effektive Unternehmenskultur. Mit der Lean Methode oder Six Sigma hilft er Unternehmen, ihre Prozesse zu verbessern und effizienter zu gestalten. Der Kronacher ist einer der Coaches im Studiengang ZukunftsDesign. Er begleitet die Arbeit der Studierenden. Heute ist er stiller Beobachter. Nur, wenn es nötig ist, gibt es Impulse und Denkanstöße in die Gruppen. Ansonsten lässt er den Studierenden freie Hand. Jeder findet seine Rolle, sagt Hubbert. „Es gibt die einen, die stellen sich vorne hin und wollen diskutieren. Die anderen machen einfach mal alleine, die nächsten koordinieren das Ganze.“ Solche Strukturen könne man vorher nicht festlegen. „Das entwickelt sich organisch. Und am Ende kommt immer etwas Gutes dabei heraus.“

„Wir mussten von heute auf morgen zusammenarbeiten“, erinnert sich Lena an ihr erstes Projekt. „Jeder hatte einen anderen Hintergrund, eine andere Sichtweise. Aber um das Projekt voranzubringen, muss man damit einfach klarkommen und weitermachen.“ Nach einer 40-Stunden-Woche nochmal stundenlang zu diskutieren, sei zwar zäh, aber man lerne unglaublich viel dazu.

Mehr als 70 ZukunftsDesigner*innen studieren mittlerweile an der Hochschule. Fast alle der 21 Pioniere haben durchgehalten. Der Großteil ihres Studiums liegt hinter ihnen. Jetzt wird ihre letzte große Aufgabe die Masterarbeit sein. Lena hat dafür zwar noch kein konkretes Thema im Kopf. Arbeit und Studium würde sie aber auch hier gerne weiter verknüpfen. „Mir ist der praktische Bezug ganz wichtig. Dann weiß ich auch doppelt, wofür ich es mache.“

 

Dieser Artikel erschien erstmals in der Ausgabe 01/2018 des Hochschulmagazins mit dem Schwerpunktthema "Praxis im Studium".