Keine Angst vorm Experiment

Freitag. 07. April 2017 (Mareike de Raaf)
Gruppenbild der Autoren
Die Autoren präsentieren das fertige Werk. Von links: Thomas Bade, Jorgen Rasmussen, Dr. Josef Gründler, Pelin Celik, Prof. Gerhard Kampe, Birgitte Geert Jensen, Dr. Silke Claus (bayerndesign), Dr. Klaus-Peter Potthast (Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie)
Pelin Celik und Gerhard Kampe sind Herausgeber des Bandes "Innovation by Experiment"

Für Prof. Gerhard Kampe von der Hochschule Coburg ist Ausprobieren eine zentrale Methode im Designprozess. Zwei Jahre hat er im Forschungsprojekt Innovation by Experiment neue Wege beschritten. Gemeinsam mit der Aarhus School of Architecture und der FH Joanneum Graz verwirklichte er verschiedene Designprojekte. Nun ist darüber eine Publikation erschienen.

Der Designer löst den Postbeamten ab. Zumindest in der alten Briefsortieranlage in Coburg. Darin befindet sich mittlerweile die Experimentierplattform der Hochschule Coburg.
Prof. Gerhard Kampe, Leiter des ip.co Instituts der Hochschule Coburg, gründete die Plattform MakingCulture. Parallel entwickelte er mit seiner Kollegin Pelin Celik im Forschungsprojekt Innovation by Experiment eine neue Designmethode. Sie basiert auf dem Grundgedanken, dass Neues durch Ausprobieren entsteht. Der Designer hat einen Experimentierrahmen, indem er sich bewegt. Das kann zum Beispiel der Auftrag einer Firma sein. Der Designer muss aber aus diesem Rahmen auch ausbrechen und Neues wagen können. „Designer sind als Verschönerer verschrien“ sagt Gerhard Kampe. Design ist aber viel mehr als die ästhetische Gestaltung neuer Produkte. Designer sind innovativ, denken um die Ecke und treiben so den Fortschritt voran.
Innovation ist ein wichtiger Faktor für wirtschaftlichen Erfolg und technischen Fortschritt. Firmen benötigen eine Experimentierkultur. Wenn Mitarbeiter frei und ohne Wertung kreativ arbeiten können, entsteht Neues. Unsicherheiten zuzulassen, ist wichtig. Auch Scheitern muss erlaubt sein. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Für Coburger Designer gibt es dafür nun die Experimentierplattform MakingCulture.

Für Gerhard Kampe hat ein Designer immer auch eine soziale Verantwortung. Das ist die zweite wichtige Komponente seines Designkonzepts.
In seinem Forschungsprojekt stellte er sich die Frage, wie Design als wirtschaftliche Ressource für Oberfranken etabliert werden kann. Mit Studierenden führte er „Age Open“ durch. Das ist eine Studie zum öffentlichen Raum in Coburg. Senioren, Seniorinnen und Studierende erkundeten gemeinsam die Stadt. Die Studierenden trugen dabei Alterssimulationsanzüge. So konnten sie in die Position der Älteren schlüpfen. Das Wissen über deren Bedürfnisse erlaubt es Design-Studierenden, ihre Produkte näher an der Zielgruppe zu entwickeln. So ergab die Studie beispielsweise, dass die Senioren und Seniorinnen weniger die fehlende Barrierefreiheit stört, sondern mehr der Mangel an Freizeitangeboten. Die Senioren und Seniorinnen wurden daher stärker in die Projekte der Hochschule miteinbezogen. So engagieren sich Senioren und Seniorinnen mittlerweile bei der Plattform MakingCulture. Sie besuchen die dort stattfindenden Lesungen und Workshops oder helfen beim RepairCafé mit. Am Ende des Designprozesses muss nicht zwingend immer ein Produkt stehen. Ziel ist eine ganzheitliche Lösung. „Wir entwickeln Konzepte für Lebenswelten“ erklärt Gerhard Kampe.

Das Forschungsprojekt wurde gefördert vom Bayerischen Wirtschaftsministerium, bayern design GmbH und der Hans Sauer Stiftung.

Die Publikation von Gerhard Kampe und Pelin Celik „Innovation by Experiment“ ist als Sonderband in der hochschuleigenen Buchreihe „Zwischen den Welten“ erschienen (ISBN: 978-3-7369-9463-8). Sie wird von den Professoren Josef Löffl und Jürgen Krahl herausgegeben.