Placebos als Teil der Gesundheitsforschung

Freitag. 24. Februar 2017 (Mareike de Raaf)
Portraitfoto Karin Meissner
Prof. Dr. Karin Meißner erforscht die Wirkung von Placebos

Placebos können helfen, die Gesundheit von Patient*innen wiederherzustellen und zu fördern. Sie haben daher ein großes Potenzial für die Gesundheitsforschung. Prof. Dr. Karin Meißner von der Hochschule Coburg erforscht seit vielen Jahren die Wirkung von Placebos. Anlässlich des Tags der Gesundheitsforschung am 25. Februar stellt die Medizinerin ihre Arbeit vor.

Jeder kennt sie: die Zuckerpillen ohne Wirkstoff. Sie haben einen etwas anrüchigen Ruf. Studien belegen hingegen die Wirksamkeit von Placeboverabreichungen. Aber was genau passiert beim sogenannten Placeboeffekt?
Placebos wirken im Gegensatz zu Medikamenten über unspezifische Wirkfaktoren. Als solche bezeichnet man zum Beispiel die psychologischen Mechanismen, die bei einer Therapie wirken. „Placebos fördern Selbstheilungskräfte. Körper und Geist helfen dabei schneller gesund zu werden.“ sagt Karin Meißner. Placebos wirken aufgrund der positiven Suggestionen. Die Patient*innen erwarten sich durch das Medikament eine Besserung. Diese Erwartung aktiviert die körpereigene Apotheke. Der Körper schüttet zum Beispiel Botenstoffe wie Endorphin und Dopamin aus und man fühlt sich besser. Auch neue Medikamente wirken stärker durch die Hoffnungen, die sie bei Patient*innen auslösen. Ein anekdotisches Beispiel hierfür ist der Fall eines Tumorpatienten, dessen Tumore sich nach der Einnahme eines neuen Medikaments zurückbildeten. Nachdem das Medikament als nicht wirksam eingestuft wurde, erlitt der Patient einen Rückfall. „Die Placebo-Forschung stellt daher die Frage, ob das, was in uns steckt, einfach nur aktiviert werden muss, damit wir schneller gesund werden“ sagt Karin Meißner.

Nocebos lösen den gegenteiligen Effekt aus. Noceboeffekte werden durch negative Erwartungen ausgelöst, die man an ein Medikament oder eine Therapie hat. Weckt der Arzt beispielsweise die Angst vor Nebenwirkungen, vermehren sich bei den Patient*innen die Symptome. Die Placebo-Forschung hat daher ein vertrauensvolles Arzt-Patient-Verhältnis als zentrales Element in der Behandlung definiert.„Die Wirkung von Placebointerventionen ist natürlich begrenzt“ sagt Karin Meißner. Studien belegen, dass sie unter anderem bei chronischen Schmerzen, Depressionen und Übelkeit helfen. Eine nachgewiesene Wirkung haben Placebos auch bei Hauterkrankungen wie zum Beispiel Schuppenflechte.

Generell gilt: Je körperlicher eine Krankheit ist, desto weniger kann ein Placebo ausrichten. Placebos lindern vielmehr Symptome wie Übelkeit und Kopfschmerzen. So können positive Erwartungen beispielsweise die Nebenwirkungen der Chemotherapie lindern, ersetzen jedoch nicht die Krebstherapie.
Prof. Dr. Karin Meißner ist seit November 2016 Professorin für Integrative Medizin in der Gesundheitsförderung. In ihrer neuen Funktion an der Hochschule Coburg beschäftigt sie sich verstärkt mit den Möglichkeiten von Placebos in der Gesundheitsförderung.