Produktive Grenzüberschreitungen

Freitag. 20. Juli 2018 (Anke Hempfling)
Ein Zug fährt durch einen Bahnhof mit grüner Landschaft
Viel Potential für die Zukunft sehen die Studierenden entlang der Bahnstrecke von Coburg bis nach Sonneberg.

Wie viel Provinz steckt in Coburg und Umgebung? Im Projekt „Fachlicher Nachwuchs entwirft Zukunft“ gingen Studierende der Architektur dieser Frage nach. Heraus kam ein grenzüberschreitender Infrastrukturplan zwischen Oberfranken und Südthüringen.

Strukturschwach, rückständig, schrumpfend und engstirnig – das Paradebeispiel einer stereotypischen Provinzstadt in ländlicher Umgebung schließt alle diese Begriffe ein. Im Rahmen des bundesweiten Kooperationsprojekts wollen die elf beteiligten Hochschulen an dieser Definition feilen. Im Vordergrund steht die Frage, welchen produktiven Input solche Städte heute für die Entfaltung unserer Gesellschaft geben können. Dabei werden aktuelle Entwicklungen, wie die Digitalisierung, die Energiewende und globale Migrationsentwicklungen, einbezogen.

Im letzten Wintersemester wurden in vielfältigen Lehrveranstaltungen verschiedene Aspekte einer produktiven Provinzstadt aufgegriffen. Daraus leiteten die Studierenden visionäre, zukunftsausgerichtete Handlungs- und Gestaltungsperspektiven ab. Unter der Leitung von Prof. Mario Tvrtkovic entstand an der Hochschule Coburg so die Idee „Grenzüberschreitungen – Produktive Bahnstadt“. Das Projekt beschäftigt sich mit der räumlichen Entwicklung entlang der bayerisch-thüringischen Landesgrenze. Durch die Bahnstrecke miteinander verbunden, bilden – auf der bayerischen Seite – das Oberzentrum Coburg mit den beiden Mittelzentren Rödental und Neustadt bei Coburg sowie das Mittelzentrum Sonneberg – auf der thüringischen Seite – einen zusammenhängenden und vitalen Lebensraum. Die Städte Coburg und Sonneberg übernehmen dabei als Angelpunkte besondere Rollen als Arbeits-, Wohn-, Bildungs- und Kulturorte. Eine zentrale Funktion als Potentialbereiche kommt in den Augen der Studierenden den Bahnhöfen zu. Sie sind Mittelpunkt für die Innenentwicklung der Kommunen bei gleichzeitiger Auslastung der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur.

Als altindustrialisierter Wirtschaftsstandort ist der Raum Oberfranken/Südthüringen noch bis heute stark geprägt durch das produzierende Gewerbe. Die Region Oberfranken weist, bezogen auf die Fläche, die zweithöchste Industriedichte in Europa auf. Die wirtschaftliche Stärke zeigt sich insbesondere in den Flächenbedarfen für neue Produktionsstandorte, Hochschulerweiterungen, zeitgemäßem Wohnraum und dem Sitz von Sozial-, Kultur- und Bildungseinrichtungen. Das Projekt zeigte zusätzlich, dass eine abgestimmte gemeinde-, landkreis- und länderübergreifende Zusammenarbeit einen großen Beitrag für eine stärkere gemeinsame Identität der vier Kommunen leisten kann.

Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung.