Raus aus dem Elfenbeinturm

Dienstag. 11. Dezember 2018 (Anke Hempfling)
Studierende vor dem Landestheater auf dem Schloßlatz Coburg
Studierende auf dem Schloßplatz vor dem Landestheater: Bildung und Kultur gehen Hand in Hand.

Der Schüler hat keine Lust, die Studentin kein Geld und alle anderen keine Zeit dafür: Kultur. Dabei haben Museen und Theater mehr zu bieten als verstaubte Geschichte. In einer „Kultur für alle“ ist schließlich für jeden etwas dabei. Oder?

„Ich bin Studentin und beziehe BAföG. Wie soll ich mir eine 30-Euro-Eintrittskarte fürs Theater auf Dauer leisten können?“ Die Frage der jungen Frau aus dem Publikum richtet sich an Bernhard Loges, seit Kurzem Intendant am Landestheater Coburg. „Wir bieten für Studierende einen konstanten Rabatt an. Damit kostet eine Karte um die neun Euro. Das ist teilweise günstiger als ein Kinobesuch“, sagt Loges. Aber ist das genug?

Genau für Fragen wie diese haben Prof. Dr. Julius Heinicke und Katrin Lohbeck die Vertreter*innen aus Politik sowie von Bildungs- und Kultureinrichtungen zu einer Podiumsdiskussion an die Hochschule Coburg eingeladen. In ihrem Projekt „Schnittstellen zwischen Hochkultur und Kultureller Bildung“ möchten der Professor und seine wissenschaftliche Mitarbeiterin die kulturellen Akteure der Region zu einem gemeinsamen Austausch bewegen und neue Impulse und Formate für die Stadt anstoßen. „Kultur darf kein Elfenbeinturm auf einer Insel sein, die man nur schwer erreicht. Sie muss offen für jeden sein, der daran teilhaben möchte“, sagt Katrin Lohbeck.

Zur Podiumsdiskussion sind neben Bernhard Loges auch Coburgs Oberbürgermeister Norbert Tessmer, Prof. Auwi Stübbe vom Designforum Oberfranken, Cornelia Stegner als Verantwortliche für Bildung und Kommunikation der Kunstsammlungen der Veste Coburg sowie Prof. Michael Heinrich gekommen. Am Angebot scheitere kulturelle Bildung in Coburg nicht. Da waren sich alle einig. Viele Bürger*innen wüssten aber gar nicht, was Coburg alles zu bieten hat. Vor allem in den Schulen sehen sie aber noch Potential. Schließlich sei dort der Dreh- und Angelpunkt, um jedem Kind kulturelle Bildung zu vermitteln – egal aus welchen Verhältnissen es kommt. Das funktioniere jedoch nur, wenn Lehrer*innen mit ihren Schüler*innen auch regelmäßig die hiesigen Museen und das Theater besuchen. Schultheatertage und die Museumsnacht gibt es, um die Einrichtungen transparenter und attraktiver zu machen, betonte Bürgermeister Norbert Tessmer. Die Anpassung des Theaterspielplans an den Lehrplan sei ein weiterer, wichtiger Schritt, regte eine Teilnehmerin aus dem Publikum an.

Professor Michael Heinrich bietet bereits seit Jahren Theaterprojekte an der Hochschule Coburg an. Mit Studierenden der Innenarchitektur wagt er sich dabei an komplexe Stoffe wie Macbeth oder Hamlet. Gemeinsam analysieren sie den Inhalt der Stücke und erarbeiten dann Szenen- und Bühnenbilder. Seine Seminare sind stets voll. „Grundsätzlich gibt es kein Nachwuchsproblem in Sachen Kultur. Wir müssen nur unsere Herangehensweise überdenken“, sagt der Professor. „Und: Besser auf die Angebote aufmerksam machen.“ Professor Auwi Stübbe sieht im ehemaligen Güterbahnhof eine große Chance, die Kultur auch außerhalb der Region bekannter zu machen: „Dort entsteht gerade eine kulturelle Meile, die auch weit über Coburg hinausstrahlen könnte.“ Oberbürgermeister Tessmer stellt fest: „Generell läuft unser Kulturbetrieb. Es ist aber noch Luft nach oben.“

Deshalb ist nach der Auftakttagung zum Projekt von Prof. Heinicke und Katrin Lohbeck auch nicht Schluss. Für das nächste Jahr sind Workshops mit Kultur- und Bildungseinrichtungen geplant. Unter der Koordination der Hochschule Coburg soll so ein Netzwerk kultureller Bildung entstehen.