Von Elektrikerinnen und Planierraupen

Mittwoch. 14. März 2018 (Franziska Koch)
Eine Frau betrachtet eines der Schulhefte, das Studierende der Hochschule entwickelt haben
Die Studierenden entwickelten die Arbeitshefte für die ersten bis dritten Klassen.
Studierende und Lehrende mit der Erstauflage der Unterrichtsmaterialien
Die Resonanz war überwältigend: Studierende und Lehrende mit der inzwischen vergriffenen Erstauflage der Unterrichtsmaterialien.

Studierende des Bauingenieurwesens haben drei Arbeitshefte für den Grundschul-Unterricht erarbeitet. Die kamen so gut an, dass die Erstauflage schon vergriffen ist.

Tragfähigkeit, Straßenverläufe oder die Stabilität von Brücken, damit beschäftigen sich die Studierenden der Architektur und des Bauingenieurwesens regelmäßig. Seit zwei Jahren sind diese Themen nun auch Bestandteil im sogenannten Lehrplan Plus der bayerischen Grundschulen. Doch kam dieser Schritt des Kultusministeriums so überraschend, dass dafür bislang keine geeigneten Lehrmaterialien existieren. Eileen Fritsche, vormals Lehrerin an der Coburger Grundschule am Heimatring und aktuell Schulleiterin der Grundschule Meeder, erkannte das Problem und wandte sich an Prof. Dr. Egbert Keßler mit der Bitte um Unterstützung. Das Projekt „Architektur und Bauwesen in der Grundschule“ war geboren und startete im Sommersemester 2017 über den „Coburger Weg“. Zehn Studierende des Bauingenieurwesens erarbeiteten unter Leitung der Lehrenden Jonas Schmidt und Christina von Obstfelder drei Arbeitshefte für den Unterricht, welche die im Lehrplan geforderten Inhalte abdecken. Die Titel lassen die Breite der Themenfelder erahnen, mit denen sich die Studierenden ein Semester beschäftigten: In „Das Haus“ (Heft 1) werden beispielsweise Bauberufe und Maschinen vorgestellt, „Rollende Objekte“ (Heft 2) behandelt den Aufbau und Verlauf von Straßen und in Heft 3 „Besondere Bauten“ geht es um Türme und Brücke. Der Probelauf erfolgte mit Kindern der Grundschule am Heimatring, das Feedback war überwältigend. Christina von Obstfelder: „Die Schule war begeistert und gerührt, dass dem Fach Pädagogik fremde Studierende ein so wertvolles Unterrichtsmaterial erschaffen haben.“

Hauptfigur ist die Giraffe Max, die die Kinder durch alle drei Hefte führt. Die Studierenden ermittelten die relevanten baulichen Fachthemen und das zum Verständnis nötige Fachvokabular und bereiteten dieses altersgerecht und didaktisch so auf, dass eine sofortige Anwendung im Unterricht erfolgen konnte. Sie schlagen verschiedene Arbeitsaufträge vor, die je nach Klassenstufe gemalt, gebastelt oder auch mit Hilfe von Experimenten oder durch die Nutzung von Medien bearbeitet werden können. Den Lehrkräften selbst steht es bei der Nutzung der Hefte völlig frei, wie sie mit den Materialien umgehen. Alle Hefte wurden von den Studierenden selbständig erstellt, einschließlich aller Zeichnungen und Grafiken, den Druck übernimmt der Bayerische Bauindustrieverband e. V.

Nach so viel Fleiß und positiven Rückmeldungen war es höchste Zeit, die Hefte weiteren Schulen in Stadt und Landkreis Coburg zur Verfügung zu stellen. 30 Schulleiterinnen und Schulleiter folgten der Einladung der Projektverantwortlichen zu einer Fortbildung an der Hochschule Coburg. Sie erhielten von den Studierenden und Lehrenden eine Einführung zur Nutzung der Hefte und konnten sich über die Erfahrungen an der Grundschule am Heimatring informieren. Die Nachfrage war anschließend so groß, dass die gesamte Erstauflage mit 3600 Heften inzwischen vergriffen ist. „Die sehr breite Zustimmung und der starke Bedarf zeigen deutlich, dass es sich lohnt dran zu bleiben“, so Christina von Obstfelder. Die zweite Auflage befindet sich aktuell in Bearbeitung und auch ein viertes Heft soll es geben. Schon im kommenden Sommersemester beginnt ein neues Projektteam mit der Umsetzung. Das Thema dieses Mal: „Die Stadt“. Außerdem wird eine Evaluation der bisherigen Ausgaben in Kooperation mit Partnerschulen erfolgen. „Anschließend möchten wir die Hefte dem Kultusministerium vorstellen“, erklärt Christina von Obstfelder. „Unser Ziel ist ganz klar: Wir möchten das Unterrichtsmaterial bayernweit einführen.“