Willkommenskultur weitergedacht

Freitag. 03. November 2017 (Madelaine Ruska)
Vier Studierende im Seminarraum
Deutsche und internationale Studierende entdecken gemeinsam ihre Kulturen neu.

Kaum ein Ort in Coburg vereint so viele Kulturen wie die Hochschule. Im Projekt „Willkommens-Kultur weitergedacht“ lernen deutsche und internationale Studierende, wie sie davon ganz persönlich profitieren können. Der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft fördert die Hochschule Coburg deshalb ein Jahr lang mit 50.000 Euro.

Sie haben sich die Internationalisierung auf die Fahnen geschrieben. Deutsche Hochschulen wollen mehr: Mehr ausländische Studierende, mehr Austausch, mehr englische Studienangebote. Doch die neuen Studierenden müssen sich hier erst mal zurechtfinden. Möglichst schnell sollen sie Deutsch lernen und sich an die kulturellen Unterschiede gewöhnen. „Mich stört diese Defizitbrille“, sagt Ina Sinterhauf. Sie hat an der Hochschule Coburg deshalb das Projekt „Willkommens-Kultur weitergedacht“ angestoßen und will damit vor allem erreichen, dass Studierende neugierig werden auf andere Kulturen. „Jemand, der in ein fremdes Land kommt, bringt ja ganz viel mit. Seine Erfahrung, sein Wissen und auch das Selbstbewusstsein, so eine Herausforderung anzunehmen. Davon können wir lernen“, findet Sinterhauf. Längerfristig könne sich das auf die ganze Hochschule auswirken. Aus vier Bausteinen besteht das Programm. Die ersten beiden, ein Seminar zum interkulturellen Training und eine interkulturelle Mentoratsgruppe, laufen schon. Zwei weitere kommen ab dem Sommer dazu.

Dienstagmittag, im Hörsaal sitzen sieben chinesische und elf deutsche Studierende. Einmal pro Woche treffen sie sich mit Ina Sinterhauf, um gemeinsam etwas über die Kultur der anderen zu lernen. Heute hat jeder einen Gegenstand dabei, der ihn an seine Heimat erinnert. Lea hat ihre Tanzschuhe mitgebracht, Yuxiao ihre Essstäbchen, Maximilian einen kleinen Bierkrug, Qiwei eine Flasche Wein. Schon hier zeigt sich, dass jeder etwas anderes mit Heimat verbindet.

Auf ein großes Papier sollen die Studierenden anschließend aufschreiben, was in ihren Augen Kultur ausmacht. Am Schluss stehen viele Begriffe darauf: Sprache, Essen, Musik Werte und Traditionen aber auch die Natur und das Klima. Dinge, die einen Menschen prägen und gleichzeitig seinen Blick auf andere. „Im Kontakt mit Menschen aus einer anderen Kultur können deshalb Konflikte entstehen“, sagt Sinterhauf. „Aber diese Kontakte sind auch eine große Bereicherung, wenn beide Seiten offen aufeinander zugehen und sich ihrer kulturellen Prägung bewusst sind. Eine Hochschule, die internationaler werden will, braucht diese Offenheit.“

Ein Jahr wollen Ina Sinterhauf und ihre Kolleg*Innen nun testen, mit welchen Formaten sie das unterstützen können. Aktuell sind Studierende der Studiengänge Maschinenbau und Technische Physik beteiligt. Funktioniert das Modell, könnte die Hochschule die Angebote langfristig für alle Studiengänge einführen.

Über das Projekt

„Willkommens-Kultur weitergedacht“ ist ein Projekt der Fakultäten Angewandte Naturwissenschaften, Maschinenbau und Automobiltechnik sowie der Servicestelle Projekt:ING und dem Studienkolleg. Die Hochschule Coburg hat sich damit beim Förderprogramm MINTernational des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft beworben. Als eine von sechs deutschen Hochschulen war sie erfolgreich. Der Stifterverband schüttet diese Fördermittel aus, um weltweit MINT-Talente für Deutschland gewinnen. Bei der ersten Ausschreibungsrunde vor zwei Jahren konnten sich die Coburger schon einmal Fördergelder sichern. Damit realisierte die Hochschule die Plattform COming:MINT. Sie soll Schüler*Innen deutscher Schulen im Ausland für ein Studium in Coburg gewinnen.