Jurahaus, Jurte, Lehmpavillon: „herausragende Konzepte“

Freitag. 15. Januar 2021 (Natalie Schalk)
Pascal Deppisch hat in seiner ausgezeichneten Bachelorarbeit ein neues Nutzungskonzept für den historischen Blasi-Hof in Kaltenbuch entwickelt.
So sieht das Gebäude heute aus.
Im Konzept bietet das Wohnzimmer viel Raum für unterschiedliche Bedürfnisse.
Pascal Deppisch
Uyanga Enkhbat hat in ihrer vom bdia anerkannten Bachelorarbeit über die mongolische Jurte eine Verbindung zwischen Tradition und Moderne geschaffen. Besonders wichtig auch aus Sicherheitsgründen: Sie integriert moderne Technik wie Elektroherd statt offenem Feuer.
Katja Moltrechts Modell zeigt ihren Entwurf eines Pavillons aus formbarem Lehm, der unterschiedlich genutzt werden kann - auch diese Masterarbeit bekam vom bdia eine Anerkennung.

Der Bund deutscher Innenarchitekten (bdia) würdigt die herausragendsten Abschlussarbeiten aus ganz Deutschland: Ein Student der Hochschule Coburg wurde diesmal ausgezeichnet, zwei weitere Studentinnen bekamen einen Anerkennungspreis.

Ein barockes Wohnstallhaus aus dem Jahr 1727 ist der Kern des Blasi-Hofs in Kaltenbuch, einem Dorf im mittelfränkischen Altmühltal. Massiv liegt das Gebäude unter einem Schieferdach, das nur minimal hervorsteht. Es wirkt gedrungen und ist dabei ein für die Region typisches Jurahaus. Typisch auch: Es ist vom Verfall bedroht. In seiner Bachelorarbeit an der Hochschule Coburg hat Innenarchitektur-Student Pascal Deppisch eine mögliche neue Nutzung für den denkmalgeschützten Hof entwickelt. „Ich finde es absolut spannend, wie man mit historischer Bausubstanz umgehen kann“, sagt der Unterfranke. Während das Wohnstallhaus in seinem Konzept als Erlebnisunterkunft und Museum genutzt wird, wird die Scheune ein Zuhause für eine junge Familie.

Das Gebäude hat er über das bayerische Landesamt für Denkmalpflege gefunden und war gleich begeistert: „Über diesen außergewöhnlichen Baustil hatte ich vorher noch nie etwas gehört oder gelesen.“ Die Arbeit unter dem Titel „Siebzehnhundertsiebenundzwanzig. Neuinterpretation eines denkmalgeschützten Jurabauernhofs“ wurde jetzt vom Bund deutscher Innenarchitekten (bdia) ausgezeichnet. In der Begründung der Jury heißt es: „Das Thema des Jurabauernhofes wird zeitgemäß interpretiert. Das ausgewogene Material-, und Farbkonzept setzt Akzente, ohne einseitig zu dominieren.“ Gewürdigt wurde auch das schlüssige Gesamtkonzept und die grafische Qualität: „eine herausragende Arbeit!“ Betreut wurde sie an der Hochschule Coburg von Fachoberlehrer Carl Baetjer.

Einen Anerkennungspreis des bdia  bekam außerdem Uyanga Enkhbat für ihre Bachelorarbeit: „Moderne Jurte: Die Jurte zwischen Tradition und Moderne – Die Vision einer Nomadin.“ In der Mongolei ist dieser Gebäudetyp überall verbreitet. „Mein Entwurf soll ein Schritt sein auf dem Weg, das beschwerliche Leben der Menschen in den Ger-Bezirken zu erleichtern“, erklärt die Studierende. In diesen armen Gegenden gibt es kein fließendes Wasser und keinen Strom, häufig kommt es wegen der offenen Kochstellen zu Brandunfällen. Enkhbat integriert sanitäre Einrichtung und moderne Technik wie Elektroherd und Solarenenergie in die Jurte. Die Funktionalität erinnert an ein Tiny-Haus, allerdings auf einer runden Fläche mit einem Durchmesser von 8,70 Metern und mit vielen traditionellen Elementen. Die Jury hob hervor, dass die Geschichte „in dieser Arbeit sehr umfassend und mit vielen Details dargelegt“ wird und man trotz aller Annehmlichkeiten das Gefühl hat, sich in einer mongolischen Jurte zu befinden.

Prof. Mark Phillips hat diese Bachelorarbeit betreut und war auch der Mentor von Katja Moltrecht, deren Masterarbeit der bdia ebenfalls mit einem Anerkennungspreis würdigte. „Raumgestaltung nach ornamentalen Qualitäten – Entwurf eines Pavillons aus formbarem Lehm mittels Modellierung“ heißt die Arbeit, in der sie einen vielseitig nutzbaren Ort entwickelt hat. Ihre Modelle im Maßstab 1: 200 und 1:25 zeigen anschaulich, wie sich ein Pavillon in die Umgebung und die Bedürfnisse moderner Menschen einfügen kann. Sie hat den klassischen Baustoff Lehm mit zeitgenössischen Ornamenten kombiniert und eine neuartige Pavillonarchitektur entwickelt, die durch ihre individuellen Raumqualitäten dem Aufenthalt, Kultur oder philosophischem Nachsinnen dienen kann. Die Jury beeindruckte die „gelungene Darstellung des brandaktuellen Themas ,analoge Orte‘ zur Kommunikation und Kulturstiftung.“