28. Oktober '25
(Dr. Markus Neufeld und Christine Kirchner)
Der Film „Power to Renovation“ und Einblicke in aktuelle Projekte machten deutlich: Auf dem ehemaligen Schlachthofareal entsteht ein Ort, an dem Umbaukultur, Kreativität und gesellschaftlicher Austausch miteinander wachsen.
Auf dem ehemaligen Schlachthofareal in Coburg soll ein lebendiges Quartier entstehen, das von der Hochschule Coburg durch Reallabore und Veranstaltungen geprägt wird. Um den Ort als Hochschulstandort zu etablieren, findet regelmäßig „Wissenschaft am Schlachthof“ statt. Zum Beispiel in Form von Filmabenden.
„Power to Renovation“ erzählt die Geschichte von HouseEurope!, einer europäischen Bürgerinitiative, die für den Erhalt unserer gebauten Geschichte kämpft. Jede Minute wird irgendwo in Europa ein Gebäude abgerissen – und mit ihm verschwinden Wohnraum, Energie, Arbeit und Erinnerung. Der Film zeigt: In jedem alten Haus steckt Leben, Geschichten und Potenzial für die Zukunft – bereit, wiederentdeckt zu werden.
Mit bewegenden Beispielen aus ganz Europa beweist der Film, dass Renovierung und Umgestaltung echte, erschwingliche Alternativen zum Abriss sind. „Power to Renovation“ ist ein Aufruf zum Handeln: Bürgerinnen und Bürger, Politikerinnen und Politiker und die Bauindustrie sind gefordert, den Kreislauf der Zerstörung zu stoppen und eine neue Kultur des Wertschätzens zu etablieren.
Power to Renovation‘ heißt für mich: der Übergang zu einer neuen Architektur- und Alltagspraxis, in der gemeinsames Wirken im Sinne der Nachhaltigkeit im Vordergrund steht. Bauen ist eine soziale Handlung, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt. Die Kraft liegt in der Interaktion – weil Menschen Sozialindividuen sind.
Prof. Mario Trvtkovic, Hochschule Coburg
Diese soziale Dimension des Bauens wird auf dem ehemaligen Schlachthofareal in Coburg bereits greifbar: Das Areal befindet sich in einer aktiven Transformationsphase, in der Bestandsgebäude nicht nur für Hochschulaktivitäten reaktiviert, sondern auch als offene Räume für die breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. So entsteht ein Ort gemeinsamer Erfahrung, an dem Architektur erlebt, diskutiert und weiterentwickelt wird – als gelebte Baukultur der Zukunft im Miteinander.
Bauen der Zukunft bedeutet für mich: das Bestehende als Wert zu erkennen und zu nutzen. In einer Gesellschaft, die sich im Turbo-Modus entwickelt, brauchen Menschen etwas, woran sie sich festhalten können. Viele haben ein tiefes Bedürfnis, durch eigene Kraft kreativ zu sein – mit den Händen zu gestalten. Das schafft Freude, ist nachhaltig und fördert die soziale Integration.
Prof. Markus Schlempp, Hochschule Coburg
Diese Haltung wird mit dem Projekt „CREATRIUM“ auf dem ehemaligen Coburger Schlachthofareal konkret erlebbar: Hier haben Studierende ein 1:1-Modell nicht nur entworfen, sondern eigenhändig gebaut – mit Holz, handwerklicher Präzision und gemeinschaftlicher Gestaltungskraft. Das Projekt zeigt exemplarisch, wie Umbaukultur, Kreativität und soziale Verbundenheit in einer realen Umgebung zusammenfinden und Zukunft aus dem Bestand heraus neu gedacht werden kann.
Für die Entwicklung des Schlachthofareals wünsche ich mir einen hochkommunikativen, partizipativen Ort, an dem eine neue Architekturphilosophie ausprobiert und weitergedacht wird. Ein Raum, der als Bindeglied in Coburg zwischen der Hochschule und Stadtbevölkerung wirkt – vielleicht sogar mit einer Bauteilbörse als gelebtes Kreislaufprinzip.
Prof. Benedikt Buchmüller, Hochschule Coburg
Nach dem Film und den Einblicken in die Projekte des Reallabors auf dem Schlachthofareal hatten die Gäste die Möglichkeit, mit Prof. Mario Tvrtkovic, Prof. Markus Schlempp und Prof. Benedikt Buchmüller in den Dialog zu treten. Auch die studentische Initiativgruppe „Abriss Wieso“ ABRISS.WIESO? (@abriss.wieso) • Instagram-Fotos und -Videos präsentierte ihre Ziele, ihre Motivation und ihr Engagement für eine bewusste Umbaukultur.
Die Initiative entstand aus dem Wunsch nach Handeln, statt geschehen zu lassen. Durch Öffentlichkeitsarbeit machen wir auf Missstände wie Abriss, Verlust von lokalen Identitäten und Ressourcenverschwendung aufmerksam. So wenden wir die vermittelten Werte einer neuen Umbaukultur an und schaffen ein Bewusstsein für die Wertigkeit des Bestands mit all seinen Potentialen.
Tarek Hansen & Jonathan Schneider, Studenten im Fachbereich Architektur der Hochschule Coburg & Studentische Initiativgruppe “Abriss Wieso”
Dieser Abend endete nicht mit dem Abspann, sondern mündete in einen offenen, lebendigen Austausch – mit Blick auf das, was gemeinsam entstehen kann.







