Bioanalytik steht hoch im Kurs

Montag. 25. Mai 2020 (Pia Dahlem)
Labor Bioanalytik
Im Labor für Bioanalytik wird sehr genau gearbeitet

Bioanalytiker sind gefragt in der COVID 19 Pandemie. Schließlich werden gerade mit Hochdruck Nachweistests entwickelt und nach Medikamenten wie Impfstoffen geforscht. Die Hochschule Coburg eröffnete 2010 den ersten Studiengang Bioanalytik in Deutschland.

Bis ins kleinste Detail denken – das ist die höchste Prämisse der Bioanalytiker. Gerade jetzt sind viele Forschungsinstitute dabei Corona-Tests für alle möglichen Fragestellungen zu entwickeln. Aber Test ist nicht gleich Test, denn es kommt darauf an, was man genau herausfinden möchte. Neben den bekannten PCR (Polymerase Chain Reaction) Tests, die das Coronavirus SARS CoV 2 direkt nachweisen, wenn man akut damit erkrankt ist, werden immer genauere Antikörpertests entwickelt, die eine kürzlich durchlebte Infektion nachweisen. Je nachdem, welche Frage der Test beantworten soll, muss die dazu passende Bioanalytik eingesetzt werden.

Auf die Fragestellung kommt es an

„Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen sich mit jedem noch so kleinen Detail befassen und vielfältige Einflussfaktoren berücksichtigen, die die Testqualität beeinflussen könnten,“ erläutert Dr. Stefan Kalkhof, Professor für Bioanalytik an der Hochschule Coburg. Daher sei es wichtig, die Fragestellungen vollumfänglich korrekt zu definieren, um zu wissenschaftlich fundierten Aussagen zu gelangen. Will man zum Beispiel feststellen, ob ein Mensch eine Infektion bereits durchlebt hat? Oder geht es darum nachzuweisen, ob sich das Immunsystem des Patienten in einer frühen oder späten Phase seiner immunologischen Reaktion befindet? Oder stellt sich die Frage, ob ein Patient ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf aufweist? Genau das erlernen die Studierenden im Bachelorstudiengang Bioanalytik und im Masterstudiengang Bioanalytik. Die Einflussfaktoren können sehr vielfältig sein. So kann es im Frühstadium der SARS CoV 2-Infektion zu einem negativen Test mit der PCR kommen, der falsch ist. Nämlich dann, wenn der Erreger erst wenige Körperzellen infiziert hat und daher noch nicht in ausreichender Anzahl, also unterhalb der Nachweisgrenze, in der entnommenen Probe vorhanden ist. Das heißt, es hängt viel davon ab, in welcher Phase man welches Biomaterial untersucht. Auch wenn Betroffene gerne früh wissen möchten, ob sie infiziert sind, kann der Test ein fälschlicherweise negatives Ergebnis liefern, wenn diese Faktoren nicht berücksichtigt sind. Außerdem ist es wichtig zu wissen, wie und wo man das Biomaterial korrekt entnimmt und wie das Probenmaterial nach der Entnahme am Patienten gelagert und aufbereitet werden muss. Zudem muss man wissen, wie man das Material stabil halten kann, damit man die Nachweisreaktion auch sicher durchführen kann. „Das sind alles Fragen, mit denen die Bioanalytik sich auseinandersetzen muss, um am Ende richtige Aussagen treffen zu können. Darauf bereiten wir unsere Studierenden ganz intensiv vor,“ erklärt Professor Kalkhof.

Genauigkeit und Notwendigkeit der Forschung

Bioanalytik bedeutet immer Genauigkeit in der Fragestellung, Durchführung der Analyse und der Auswertung der Ergebnisse. Als gutes Beispiel dafür dienen die Begriffe Spezifität und Sensitivität, die man immer wieder hört, wenn es um Tests geht, die das SARS CoV 2 nachweisen sollen. Sie benötigen eine hohe Spezifität und Sensitivität. Vereinfacht gesagt bedeutet das, wie präzise ein Test auch richtige Ergebnisse liefert. Sensitivität bedeutet: Wie oft ist der Test positiv, bei den Patienten, die COVID 19 tatsächlich haben. Die Spezifität besagt: Wie oft ist der Test negativ, bei denen, die eben gesund sind. Es wäre fatal, wenn der Test zu oft die tatsächlich Erkrankten nicht erkennt. Genauso problematisch wäre es, wenn der Test zu oft eine Person als infiziert erfasst, obwohl diese es gar nicht ist. Hier verweist Professor Dr. Matthias Noll, Studiengangsleiter Bioanalytik, auf einen wichtigen Punkt: „Insgesamt ist es in der Bioanalytik wichtig, die angehenden Wissenschaftler*innen bereits früh an diese sehr wichtigen Aspekte der angewandten Wissenschaft heranzuführen und zu trainieren.“ 

Ethische Fragen

Trotz aller wissenschaftlichen Ergebnisse, stellen sich auch immer ethische Fragen. Denn jeder Mensch hat eine ganz individuelle Krankheitsgeschichte und jedes Immunsystem reagiert anders. In diesem Zusammenhang werden für viele Krankheiten immer mehr personalisierte Therapien entwickelt. Gerade in diesem Feld spielt die Ethik eine große Rolle, wie Dipl.-Ing. Antje Vondran deutlich macht: „Nur eine Forschung der Forschung willen ist zu wenig. Schließlich ist es wichtig die jungen Menschen zu sensibilisieren, dass es auch eine ethische Verantwortung gibt und nicht nur die analytisch, messtechnische.“ Also messen alleine bringt die Medizin nicht weiter, man muss immer wissen was genau man sucht und welche Schlüsse daraus abgeleitet werden. Für diesen sehr exakten und kritischen Blick auf die fortlaufende Forschung, gerade im Hinblick auf die kommerziellen Tests, müssen Studierende ein Bewusstsein entwickeln. „Nur so lernen sie fundierte und korrekte Aussagen zu treffen und nicht zu pauschalisieren. Dies ist eine Kernaufgabe der Studiengänge Bioanalytik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Coburg,“ fügt Professor Noll hinzu.