Durchs Schreiben lernen

Montag. 17. Februar 2020 (Franziska Koch)
Teilnehmer*innen skizzieren ihre Ideen und Konzepte an einer Pinnwand
46 Teilnehmer*innen diskutierten in Vorträgen und Workshops über Konzepte rund um das Schreiben in den Fächern. Foto: Frank Wunderatsch
Dr. Markus Nickl
Dr. Markus Nickl war einer der Keynote-Speaker beim Coburger Symposium. Foto: Frank Wunderatsch

Wissenschaftliches Schreiben ist mehr als Klausuren und Hausarbeiten verfassen. Beim „Coburger Symposium 2020: Schreiben in den Fächern“ tauschten sich Expert*innen aus ganz Deutschland über Konzepte zur Entwicklung wissenschaftlicher Schreibkompetenz im Studium aus.

Wie bereitet wissenschaftliches Schreiben Studierende aufs Berufsleben vor? Diese Frage stand im Fokus der Vorträge und Workshops beim Symposium Schreiben in den Fächern. In seiner Keynote erläuterte Dr. Markus Nickl die fachlichen Schreibanforderungen aus Sicht eines Praktikers: Reichen die an Hochschulen vermittelten Kompetenzen für einen gelungen Berufsstart? Studierende, findet Nickl, sollten im Laufe ihres Studiums verschiedene Textsorten und deren Regeln und Qualitätskriterien kennenlernen und sie dann auch selbst formulieren, beispielsweise in Lehrveranstaltungen, die stärker auf Schreibaufgaben setzen, um fachrelevante Inhalte zu vermitteln. „Als Studierender muss ich mir Gedanken machen: Was will ich mit meinem Text erreichen? Bei Haus- und Abschlussarbeiten natürlich eine gute Note. Dann muss ich aber auch die Grundanforderungen an den Inhalt, die Zielgruppe und die Gestalt eines Textes erfüllen können, um dieses Ziel zu erreichen“, so Markus Nickl. Gleiches gilt auch für spätere Schreibarbeiten im Beruf.

Fachlehre und Schreiben zusammen denken

Wissenschaftliches Schreiben ist mehr als Klausuren und Hausarbeiten. Es ist vor allem ein Lerninstrument, speziell in Fächern wie der Sozialen Arbeit und der Betriebswirtschaft, in denen Wissen unter anderem durch Reflektion und Diskussion gewonnen wird. Mit innovativen schreibdidaktischen Ansätzen und ihrer Anwendung in den Sozial- und Geisteswissenschaften beschäftigte sich ein Workshop, den Maike Wiethoff und Dr. Anika Limburg vom Schreibzentrum der Ruhr-Universität Bochum leiteten. Konkret ging es darum, Konzepte zu versammeln wie Fachlehre und Schreiben zusammen gedacht werden können. Ein abgestuftes Kooperationsmodell stellten Fridrun Freise und Mirjam Schubert vom Schreibzentrum der Universität Hamburg vor. Schreibdidaktische Unterstützung geht in Hamburg „bottom-up“: Von kurzen, ins Seminar integrierten Schreibeinheiten über schreibintensive Veranstaltungen bis zur Vermittlung von Schreibkompetenzen in der Projektlehre. „Schreiben ist von Tag eins an das Arbeitsinstrument in den Geisteswissenschaften“, verdeutlicht Mirjam Schubert. „Wir haben kein Labor, sondern die Gedanken verfestigen sich erst beim Schreiben. Wir helfen den Studierenden dabei, Texte als Forschungshandeln zu begreifen.“

Ein weiteres Beispiel für die Verzahnung von Schreiben und Fachinhalten präsentierte Dr. Nils Müller von der FH Bielefeld für den Studiengang Wirtschaftsrecht: Der Schreibprozess wird hier bei jedem Arbeitsschritt eng begleitet und mit unterschiedlichen Lehr-/Lernformen kombiniert. Dabei spielt vor allem Feedback eine wichtige Rolle.

Texttutoriate in den MINT-Fächern

Ein zweiter Workshop mit Andreas Hirsch-Weber und Cristina Loesch (KIT Karlsruhe) thematisierte die Schreiblehre in den natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fächern. So beschreitet etwa die Goethe-Universität Frankfurt am Main neue Wege. Im Sommersemester 2019 startete das naturwissenschaftliche Schreibzentrum ein Pilotprojekt in Form eines Texttutoren-Programms. In ausgesuchten Lehrveranstaltungen geben die studentischen Texttutor*innen, ähnlich wie Writing Fellows, ihren Kommiliton*innen mündliches und schriftliches Feedback auf deren Schreibarbeiten. Die Tutor*innen stammen aus dem jeweiligen Fach und erhalten vorab eine schreibdidaktische Ausbildung. Eva Kaufholz-Soldat erläuterte dieses Konzept sowie konkrete Ergebnisse des Programms, das aufgrund seiner erfolgreichen Evaluation auch aktuell weitergeführt wird.

Organisiert wurde das „Coburger Symposium 2020: Schreiben in den Fächern“ von Schreiblabor-Leiterin Dr. Regina Graßmann und ihrer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Stephanie Grimm. Für Regina Graßmann spiegeln sich viele der im Rahmen des Symposiums diskutierten Themen auch in ihrer eigenen Arbeit wider: „Schreiben ist ein Lerninstrument. Die Entwicklung akademischer Literalität soll deshalb von Studienbeginn fachintegriert gefördert werden. Die Diskussion in den Workshops zeigte eindeutig, wie wichtig hier der interdisziplinäre Dialog mit den Fachwissenschaftler*innen ist.“ Im Anschluss an das Symposium wird es einen Tagungsband geben: „Wir freuen uns, im Tagungsband die Ergebnisse des Dialogs der Kolleginnen und Kollegen bündeln zu können.“

Das erste Schreiblabor an einer deutschen Hochschule entstand 1993 an der Universität Bielefeld mit dem Ziel, Studierende beim wissenschaftlichen Schreiben in vielfältiger Weise zu unterstützen. Seitdem entstanden immer neue Einrichtungen dieser Art, seit 2013 im Zuge des Coburger Wegs auch an der Hochschule Coburg.