Ideen zur Stadtplanung in Europa

Donnerstag. 28. Mai 2020 (Pia Dahlem)
Ansicht von Paris mit Eiffelturm
Die französische Metropole Paris trifft in der Summer School Boderline City auf Coburg

Studierende aus 19 europäischen Hochschulen tauschten sich in der Summer School Borderline City zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf unsere Stadt, Region, Umwelt und Gesellschaft aus. Geplant war die Veranstaltung vom 11. bis 18. Mai vor Ort in Berlin. Doch wie so vieles in dieser Zeit, wurde sie kurzfristig virtuell umgesetzt.

Als Beitrag zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft, die im Juli 2020 beginnt, wurde gemeinsam mit nationalen und europäischen Stadtplanungsfakultäten die Summer School „Borderline City“ durchgeführt. Das aus Mitteln der Nationalen Stadtentwicklungspolitik geförderte Projekt „Fachlicher Nachwuchs entwirft Zukunft“ will aktuelle Forschungsfelder der Stadtentwicklungspolitik mit den Gedanken angehender Planer und Gestalter an den Universitäten und Hochschulen zusammenbringen. Durch die Entwicklungen der letzten Wochen gewann das ursprüngliche Thema „Grenzlandschaften, die Entgrenzungs- und Begrenzungsprozesse von Städten“, auf besondere Weise an Bedeutung. Schließlich hat jeder Einzelne durch Ausgangsperren und Abstandsregeln neue Grenzen ganz persönlich erfahren. So auch Grenzen, die Wohnungen, Städte und auch der ländliche Raum darstellen. Neben mehreren Hochschulen aus Deutschland nahmen auch Studierende aus Österreich, Spanien, England, Schweden, Polen, Rumänien und den Niederlanden teil. Die drei Coburger Teilnehmerinnen standen im direkten Austausch mit Studierenden der Gustave Eiffel University in Paris. So traf Mittelstadt auf Metropolregion.

Die Studierenden suchten Unterschiede und Parallelen der räumlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie, sowohl in Coburg als auch in Paris. Sie starteten dazu mit einem Blick in die Vergangenheit und gingen der Frage auf den Grund: Welche Wendepunkte in der Geschichte haben zu städtebaulichen Veränderungen in den letzten Jahrhunderten geführt? Die Coburger Studentin Anastasia Eppinger fasst zusammen: „Wenn in Paris die Pest oder der Krieg Auswirkungen auf die Stadt hatten, waren es in Coburg die Flut oder die Industrialisierung.“ Die gegenwärtige Situation beschrieben sie mit Hilfe von Infografiken und Statements und warfen danach einen Blick in die Zukunft. Hier wollten die Studierenden aus Coburg und Paris Lösungen finden, die sowohl im ländlichen Raum als auch in der Stadt funktionieren. Diskutiert wurden unter anderem die mangelnde Flexibilität von Grundrissen durch die ökonomische Bauweise der letzten Jahrzehnte, der Stellenwert individueller Freibereiche, Vor- und Nachteile lokaler Produktion sowie neue Formen des Arbeitens im Bezug auf Umwelt und Mobilität. Die Hochschule Coburg konnte mit ihrem Beitrag einen Fokus auf den robusten und somit krisensicheren, ländlichen Raum legen.

Wichtiger Beitrag zu europäischen Stadtentwicklung

Die Studierenden wurden von Professor Mario Tvrtković gemeinsam mit Jana Melber, M.Sc Architektur und Stadtplanung und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Vernetzungsplattform CREAPOLIS, betreut. Die Ergebnisse der Veranstaltung sieht sie als wichtigen Beitrag: „Die Nutzung des öffentlichen Raums und dessen faire Verteilung von Flächen spielt in ganz Europa eine wichtige Rolle. Tolle Beispiele aus Paris, Wien und Berlin machen Mut, Stadtraum neu auszuhandeln. Die Ressource Stadtraum ist für eine resiliente, nachhaltige und lebenswerte Stadt von besonderer Bedeutung. Zu Zeiten von Corona und Physical Distancing ist dies besonders spürbar “ 

Gerade während der geschlossenen Ländergrenzen trug das transnationale Format der Summer School zu einem lebendigen Europa bei. Der Austausch zwischen dem Bundesministeriums des Inneren, Bau und Heimat (BMI), dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und den Planungsfakultäten hat eine lange Tradition, erklärt Jana Melber: „Dieses Jahr leistet das Format der Summer School einen Beitrag zu der Überarbeitung der Leipzig Charta als Grundlage einer neuen Stadtpolitik für eine nachhaltige europäische Stadt.“ Die Leipzig Charta wurde 2007 verfasst und will europäische Städte nachhaltiger, spannender, lebendiger und sozial stabiler und somit weniger krisenanfällig machen. Aktuell wird an der Weiterentwicklung der Leitlinien gearbeitet. Hierzu wurde der Austausch mit den Studierenden gesucht, ihre Ideen sollen in die Charta mit einfließen.

Studierende erhalten neue Einblicke

Melissa Kosseifi, Studentin aus Paris, sendete speziell dem Coburger Team ihren Dank und zeigt sich begeistert: „Ich bin sehr dankbar für diese Gelegenheit und für diese Summerschool. Schließlich sind wir als Architekten und zukünftige Stadtplaner verantwortlich dafür, diese Herausforderungen und Veränderungen in Bezug auf die Nutzung und Verteilung von verfügbarem Raum umzusetzen. Wir müssen neue Konzepte entwickeln und Social Distancing miteinbeziehen.“

Anastasia Eppinger und ihre beiden Kolleginnen von der Hochschule Coburg haben noch einen ganz anderen Impuls mitgenommen: „Wir als Gruppe fanden es total spannend, sich mit der Geschichte Coburgs zu beschäftigen. Es war einfach interessant zu sehen, was in Coburg in der Vergangenheit passiert ist und warum die Stadt so ist wie sie ist. Damit werden wir uns in Zukunft noch intensiver beschäftigen“