Klinische Sozialarbeit: Rückblick auf ein Online-Semester

Dienstag. 28. Juli 2020 (Dr. Margareta Bögelein)
Junge Menschen beim Studieren
Gemeinsam über Studieninhalte diskutieren ging in diesem Semester nur online.

Psychosoziale Diagnostik, Beratung, Krisenintervention und Sozialtherapie leben vom persönlichen Kontakt zu den Menschen. Können die dazu erforderlichen klinisch-sozialarbeiterische Kompetenzen auch online vermittelt werden? Diese Frage trieb die Prof. Dr. Christine Kröger von der Hochschule Coburg und Prof. Dr. Silke Gahleitner von der Alice Salomon Hochschule in Berlin um. Beide leiten gemeinsam den berufsbegleitenden Weiterbildungsmaster Klinische Sozialarbeit. Nach einem Online-Semester ziehen beide Bilanz.

„Acht Tage vor der geplanten Begrüßung der neuen Studiengruppe haben wir erfahren, dass der Semesterstart aufgrund der Corona-Pandemie nicht wie geplant stattfinden kann“ schildert Prof. Dr. Christine Kröger den Start in das Sommersemester 2020 „Am Anfang hatten wir die Hoffnung, dass im Semesterverlauf Präsenzlehre möglich ist“, ergänzt Prof. Dr. Marion Mayer, stellvertretende Studiengangsleiterin der Alice Salomon Hochschule Berlin. Es kam anders: Die 23 Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter aus ganz Deutschland, die in der Kinder- und Jugendhilfe und in sozialpsychiatrischen Einrichtungen tätig sind, haben ihr gesamtes erstes Semester online studiert.

Wie fällt ihre Bilanz aus? „Ganz ehrlich: Ich hätte nie gedacht, dass Sie das in so kurzer Zeit schaffen auf eine so gute Online-Lehre umzustellen!“ meint Alexander Samaan, der in der Nähe von Kassel bei einem freien Träger der Jugendhilfe arbeitet und ergänzt: „Das Engagement aller Dozierenden beeindruckt mich sehr“. Tina Hennige, die vor allem mit Kindern psychisch erkrankter Eltern arbeitet und sich ehrenamtlich in einer Kontakt-und Begegnungsstätte für wohnungslose Menschen engagiert, schildert: „Sowohl bei den Dozentinnen und Dozenten als auch bei meinen Kommilitoninnen und Kommilitonen ist ganz viel Leidenschaft für Lehre und Praxis spürbar. Das ist toll.“ Und weiter: „Außerdem bin ich dankbar für die gute Organisation der Online-Lehre“. Nora Glawe, die auf Rügen lebt, beim Jugendamt arbeitet und selbst drei Kinder hat ergänzt: „Für mich war es super, dass die Online-Lehrmaterialien frühzeitig zur Verfügung gestellt wurden, So konnte ich mir die Zeit freier einteilen. Ansonsten wäre es für mich kaum möglich gewesen, alle Verpflichtungen rund um Arbeit, Familie und Studium miteinander zu vereinbaren.“

Jessi Lee Binder, die in Berlin bei Freestyle e.V. im Betreuten Einzelwohnen tätig ist, resümiert: „Das ist genau mein Studium! Ich arbeite mit schwer erreichbaren Jugendlichen und konnte bis jetzt aus jedem Wochenendblock Inhalte und Anregungen mitnehmen, die direkt in meine Berufspraxis einfließen. Der theoretische Input fördert mein Verständnis für die Klientinnen und Klienten und regt mich zur Reflexion meiner Arbeit an“.

Die Professorinnen Christine Kröger, Silke Gahleitner und Marion Mayer freuen sie sich sehr über das positive Feedback der neuen Studiengruppe. „Manchmal ging es online besser als erwartet – allerdings stehen im ersten Mastersemester eher theoretische Inhalte wie Bindung, Salutogenese oder Krankheits- und Gesundheitskonzepte im Vordergrund. Im zweiten Semester gewinnt dann die Vermittlung von Beratungs- und Kriseninterventions-Kompetenzen an Bedeutung. Hier werden wir mit digitalen Lehrangeboten sehr viel eher an Grenzen stoßen“, so Professorin Kröger. Für das kommende Semester haben die Studierenden und die Studiengangsleiterinnen vor allem einen Wunsch: „Wir möchten uns endlich persönlich kennenlernen!“.

Master Klinische Sozialarbeit

Der berufsbegleitende Weiterbildungsmaster Klinische Sozialarbeit ist eine Kooperation der Alice Salomon Hochschule in Berlin (ASH Berlin) und der Hochschule Coburg. Das Studium bildet Klinische Sozialarbeiter*innen aus, um psychosoziale und sozialtherapeutische Beratungs- und Behandlungs­prozesse fachlich fundiert planen, umsetzen und evaluieren zu können. Klinische Kompetenzen sind in etlichen Feldern der Sozialen Arbeit bedeutsam, z.B. der Schulsozialarbeit, der Kinder- und Jugendhilfe, der Suchthilfe, der Psychiatrie sowie der Resozialisierung und Forensik. Die Studierenden werden für gesundheitsschädigende soziale Aspekte wie Armut, Ausgrenzung und Isolation sensibilisiert und besonders darauf vorbereitet, die Auswirkungen sozialer Benachteiligungen zu reduzieren und Teilhabechancen ihrer Klient*innen zu verbessern. Angesichts der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie ist das wichtiger denn je. Denn diese Krisen treffen diejenigen Menschen am härtesten, die ohnehin um ein würdevolles Leben ringen.