Klinische Sozialarbeit: trinationale Fachtagung an der Hochschule Coburg

Freitag. 07. Juli 2023 (Pressestelle)
Knapp 300 Tagungsgäste waren an der Hochschule Coburg. Foto: Franziska Krebs
Prof. Dr. Silke Birgitta Gahleitner und Prof. Dr. Christine Kröger machen deutlich, dass das Beziehungsgeschehen in ganz unterschiedlichen Handlungskontexten hochbedeutsam für das Gelingen psychosozialer Unterstützung ist. Foto: Franziska Krebs
Der Eröffnungsvortrag von Dr. Annett Kupfer und Prof. Dr. Frank Nestmann (beide TU Dresden) zum Thema Soziale Unterstützung und Gesundheit - State of the Art. Foto: Franziska Krebs
Prof. Dr. Christine Kröger kündigt Prof. Dr. Günther Wüsten aus Olten (Schweiz) an; er spricht zum Thema Soziale Ressourcen und wertbezogene Interventionen als Perspektiven für die Sozialtherapie. Foto: Franziska Krebs
Der ECCSW (European Centre for Clinical Social Work) war auch da. Foto: Patrizia Schnabel
Forschungsgruppe von Prof. Dr. Eva Wunderer (Hochschule Landshut) mit ihrer Forschungsgruppe zum Thema Essstörungen. Foto: Franziska Krebs
Prof. Dr. Eva Wunderer. Foto: Franziska Krebs
Am Abend hat Professor Björn Bicker aus seinem neuen Band Aminas Lächeln gelesen. Foto: Franziska Krebs
Prof. Dr. Helmut Pauls erörtert am Beispiel des IPSG (Institut für Psychosoziale Gesundheit, ein An-Institut der Hochschule Coburg, inwieweit es bislang gelungen ist, eine sozialgesundheitlich relevante und wirksame Praxis in der Region zu etablieren. Foto: Patrizia Schnabel

Zwischenmenschliche Beziehungen und Gesundheit: Dieses Tagungsthema zog knapp 300 Wissenschaftler:innen, Praxisfachkräfte und Studierende aus Deutschland, Österreich und der Schweiz an die Hochschule Coburg. Zwei Tage lang wurden aktuelle Forschungsergebnisse und Praxiserfahrungen rund um sozialtherapeutische Perspektiven in der Klinischen Sozialarbeit beleuchtet, ausgetauscht und diskutiert.

Anlass für die trinationale Fachtagung war der 20. Geburtstag der engen Kooperation zwischen der Hochschule Coburg und der Alice Salomon Hochschule Berlin (ASH) im gemeinsamen Weiterbildungsmaster Soziale Arbeit: Klinische Sozialarbeit. Der berufsbegleitende Master startete erstmals zum Wintersemester 2001/02 und hat als erster Studiengang mit dieser fachlichen Ausrichtung im deutschsprachigen Raum auch Vorbildcharakter für die Entwicklung klinisch-sozialarbeiterischer Studiengänge an etlichen Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Seit dem Sommersemester 2003 wird der Weiterbildungsstudiengang gemeinsam mit der ASH verwirklicht, einer der größten staatlichen SAGE-Hochschulen (Soziale Arbeit, Gesundheit sowie Erziehung und Bildung) in Deutschland.

Beziehungen und Gesundheit

„Zwischenmenschliche Beziehungen sind in jedem Lebensalter und jeder Entwicklungsstufe wichtig für die Gesundheit, das Wohlbefinden und die soziale Teilhabe“ erläutert Prof. Dr. Christine Kröger, die gemeinsam mit ihrer Berliner Kollegin Prof. Dr. Silke Birgitta Gahleitner den Weiterbildungsmaster leitet. Gahleitner ergänzt: „Klinische Sozialarbeiter:innen fördern und stärken gezielt das soziale Eingebundensein von Menschen, begegnen dabei aber besonderen Herausforderungen, denn es geht um isolierte schwer belastete Menschen mit oft tiefen Beziehungstraumatisierungen, die wiederholt Stigmatisierungs- und Ausgrenzungserfahrungen machen.“

Was aktuell diskutiert wird

Das umfangreiche Tagungsprogramm zeigt die breite Palette der Themen, die aktuell in der Klinischen Sozialarbeit diskutiert werden und die in der sozialklinischen Praxis mit Menschen in komplexen biopsychosozialen Belastungslagen relevant sind: Es ging unter anderem um grundlegende Zusammenhänge zwischen sozialer Unterstützung und Gesundheit, um sozialtherapeutische Arbeit mit Kindern und Familien, aber auch um die sozialarbeiterische Beziehungsgestaltung im Kontext von Verlust, Sterben und Tod. Weitere wichtige Tagungsthemen waren sozialtherapeutische Gruppenarbeit sowie die Verbindungen zwischen Entwicklungstraumatisierungen und Gewaltstraftaten, die gerade in der justiznahen Forensischen Sozialarbeit eine bedeutsame Rolle spielen.

Expert:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz

Keynote-Speaker:innen waren renommierte Expert:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, wie beispielsweise Prof. Dr. Frank Nestmann und Dr. Annett Kupfer (beide TU Dresden), die ihre wichtige Forschung rund um das Thema soziale Unterstützung und Gesundheit präsentierten. Aus Österreich (Vorarlberg) hat Prof. Dr. Johanna Hefel die Tagung mit einem beeindruckenden Vortrag zu Trauer, Verlust und Sterben bereichert. Aus der Schweiz konnte Prof. Dr. Günther Wüsten von der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten gewonnen werden, der zur Bedeutung von sozialen Ressourcen und wertbezogenen Interventionen in der Sozialtherapie referierte. 

Seit über einem Jahrzehnt beschäftigt sich Prof. Dr. Dieter Röh von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg intensiv mit dem Capabilities Approach – sein Vortrag beleuchtete zwischenmenschliche Beziehungen und Teilhabe aus dieser Perspektive. Prof. Dr. Helmut Pauls, der 2001 den Weiterbildungsmaster Klinische Sozialarbeit initiierte, nahm in seiner Keynote die Entwicklung des IPSG (Institut für Psychosoziale Gesundheit, ein An-Institut der Hochschule Coburg) zum wichtigen sozialtherapeutischen Akteur der Kinder- und Jugendhilfe in den Blick.

Für Coburger Studis eine besondere Gelegenheit

Prof. Dr. Christiane Alberternst hatte die Organisation der Tagung übernommen. Sie forscht und lehrt an der Fakultät Soziale Arbeit der Hochschule - genau wie ihre Kollegin Prof. Dr. Christine Kröger, die für die wissenschaftliche Leitung der Veranstaltung zuständig war. Beide betonen, dass nur durch die finanzielle Unterstützung der Hochschulleitung, der Fakultät und der Studierendenvertretung möglich war, dass Studierende der Hochschule Coburg kostenfrei Tagungs- und Forschungsluft schnuppern und sich regional, national und international vernetzen konnten.

Caroline Eger, die aktuell den Bachelor Soziale Arbeit studiert, ist begeistert. „Mich hat vor allem die wissenschaftliche Fundierung der einzelnen Tagungsbeiträge beeindruckt und habe dadurch Ideen für meine Bachelorarbeit bekommen!“. Florian Koch, der im dritten Semester den Konsekutiven Master Soziale Arbeit mit der Vertiefung Klinische Sozialarbeit studiert, schildert: „Mir ist durch die Tagung so richtig bewusst geworden, wie viel Forschungsbedarf es in der Klinischen Sozialarbeit nach wie vor gibt.“

„Die zweitägige Fachtagung war ein großer Erfolg“, freuen sich Prof. Dr. Christiane Alberternst und Prof. Dr. Christine Kröger. „Es ist gelungen, internationales Fachwissen in die regionale Praxis zu tragen und gleichzeitig unsere regionale und internationale Vernetzung zu stärken“.