Leben nach der inneren Uhr

Freitag. 25. November 2016 (Pressestelle)
Der Wecker als Feind. Für viele beginnt der Tag viel zu früh.

Die Gene entscheiden, wer ein Frühaufsteher ist und wer sich im Bett gerne noch einmal umdreht. Das ist eine Erkenntnis der Chronobiologie. Sie beschäftigt sich mit der inneren Uhr des Menschen. Studierende der Hochschule Coburg setzen sich jetzt mit dieser Forschung auseinander.  

Jeder Mensch hat einen Chronotyp. Lerchen stehen gerne früh auf, Eulen sind noch spät unterwegs, schlafen dafür aber länger. Der Chronotyp ist genetisch bedingt und steht bereits bei der Geburt fest. Nach diesem natürlichem Rhythmus zu leben, ist für die meisten Menschen aber unmöglich. Mit dem Wecker unterbrechen sie ihren Schlaf frühzeitig und beginnen die Arbeit, wenn sie noch gar nicht konzentrationsfähig sind.  Michael Wieden, Wirtschaftsförderer der Stadt Bad Kissingen, beschäftigt sich seit 14 Jahren intensiv mit der Chronobiologie. In Bad Kissingen hat er auch ein Modellprojekt - die Chrono-City – gestartet. Die Idee dahinter: „Die Gesellschaft um den Menschen biegen und nicht den Menschen um die Gesellschaft!“, sagt Wieden. Denn gegen den eigenen Rhythmus zu leben, kann krank machen.
Das interessiert auch die Studierenden der Integrativen Gesundheitsförderung an der Hochschule. Sie gehen während ihres Studiums der Frage nach, wie man Menschen dazu bewegt, sich gesundheitsbewusst zu verhalten. Und häufig müssen hierfür erstmal Vorurteile aus dem Weg geräumt werden. So auch bei der Chronobiologie: „Langschläfer haben einen schlechten Ruf. Ausschlafen wird oft mit Faulheit verbunden“, verdeutlicht Wieden. Das sei aber falsch. Langschläfer sind einfach zu anderen Zeiten produktiv. Nämlich dann, wenn der Frühaufsteher bereits wieder müde wird. Und: „Schlaf ist keine vergeudete Zeit!“, sagt Wieden. Er beeinflusst vielmehr unsere psychische und physische Gesundheit und hängt elementar mit der Leistungsfähigkeit zusammen. Ausgeschlafene Mitarbeiter sind gute Mitarbeiter.

Als Spätschläfer früher ins Bett zu gehen, ist aber keine Lösung. Der Einschlafreiz würde nicht einsetzen, die Tiefschlafphase würde sich verschieben und der Schlaf nicht dieselbe Erholung liefern.
Das heißt aber auch, dass der Arbeitsalltag den Rhythmus des menschlichen Körpers nach und nach durcheinander bringt. Die Betroffenen leiden unter einem permanenten Schlafdefizit. Folgen können Depressionen und Suchtverhalten sein.
Im Winter verstärkt der Lichtmangel das Ganze noch. Wer einen Vollzeitjob hat, bekommt kaum Tageslicht ab. Winterdepressionen sind daher vielen Menschen ein Begriff.

Anhänger der Chronobiologie fordern deshalb eine Anpassung der Arbeitswelt an den Menschen. Ein späterer Schulbeginn oder flexible Arbeitszeiten würden der menschlichen Natur entgegenkommen.
Nicht jeder Arbeitnehmer kann seine Arbeitszeiten selbst bestimmen. Ändern kann man dennoch etwas. Zum Beispiel am Abend auf Laptop und Smartphone verzichten. Die Bildschirme geben blaues Licht ab und senden somit Wachsignale an das Gehirn. Wer die elektronischen Geräte am Abend also weglegt, kann besser einschlafen. Auch längere Urlaubszeiten erlauben dem Körper, zu seinem natürlichen Rhythmus zurück zu finden.

An der Hochschule Coburg wird sich eine Gruppe von Master-Studierenden der Gesundheitsförderung dem Thema Chronobiologie jetzt intensiv widmen. Sie entwickeln eine Kampagne für das Staatsbad Bad Kissingen. Ziel ist, Menschen dazu anzuregen, sich stärker mit dem eigenen inneren Rhythmus auseinander zu setzen. Betreut werden die Studierenden von Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann und Prof. Dr. Pamela Heise.