Ohne Schneckenrad bewegt sich nichts

Mittwoch. 02. März 2022 (Pia Dahlem)
Friedhold Göhring erklärt den beiden Auszubildenden Johannes Mayer (links) und Kilian Käb, wie der Filmprojektor funktioniert und welche Ersatzteile er braucht.
Bodo Neubert von CREAPOLIS lässt die beiden den 3-D-Scan ausprobieren.
Die kaputten Rädchen können nun durch die neuen ersetzt werden.
Friedhold Göhring zeigt, wo das Schneckenrad eingebaut ist.
Von links: Friedhold Göhring, Bodo Neubert, Azubis Leon Köhler und Lean Rauscher, Ausbilder Björn Engel. Alle Fotos: Hochschule Coburg / Judith Rziha

„Connect, Create, Innovate“ lautet das Motto von CREAPOLIS, der Vernetzungsplattform der Hochschule Coburg. Ein Projekt, das mit der Firma KAPP NILES durchgeführt wurde, trifft darauf genau zu. Und obendrein kommen Nachhaltigkeit und generationsübergreifende Zusammenarbeit mit ins Spiel.

Kilian Käb und Johannes Mayer sind Azubis im zweiten Ausbildungsjahr beim Coburger Unternehmen KAPP NILES. Sie verbrachten einen Tag im Makerspace bei CREAPOLIS, um bei einem spannenden Kooperationsprojekt dabei zu sein. Bodo Neubert ist Werkstattmanager bei CREAPOLIS und hat die „Connection“ hergestellt. Er brachte die Azubis mit Friedhold Göhring zusammen, der für einen 16-Millimeter Filmprojektor ein ganz bestimmtes Ersatzteil benötigte.

Der gelernte Radio- und Fernsehtechniker ist von Beginn an im CREAPOLIS-Repair-Café engagiert. Sein Steckenpferd sind 16 mm Filmprojektoren. Das war auch sein Beruf. Göhring arbeitete bis 2016 im Medienzentrum Coburg. Dort konnten die Schulen Bild-, Ton- und Videomaterial für den Unterricht ausleihen. Er erinnert sich: „Die Technik des Medienzentrums wurde vor wenigen Jahren aufgelöst und die Projektoren ausgemustert. Ich war für die Prüfung, Wartung und Reparatur der Filmprojektoren der Schulen in der Stadt und im Landkreis Coburg zuständig.“ Die 16-mm Filme sind mittlerweile durch digitale Medien ersetzt worden und die Schulen laden sich heute die Videos aus dem Internet. Die ausgemusterten Filmprojektoren sind dennoch beliebte Sammlerstücke. Der 70-Jährige kennt die Macken und Tücken der verschiedenen Modelle ganz genau.

Ärger mit dem Schneckenrad

Bei dem Treffen mit den Azubis hat Friedhold Göhring ein Gerät vom amerikanischen Hersteller Dell und Howell aus dem Jahr 1975 dabei und zeigt die Schwachstelle: „Das Schneckenrad ist das Problem, denn es besteht aus einer Verbindung von Metall und Kunstsoff. Der Kunststoff geht irgendwann kaputt.“ Mittlerweile gibt es für diese Geräte keine Ersatzteile mehr. Darum sollen nun neue konstruiert und hergestellt werden. Göhring erklärt den Azubis zunächst ganz genau, worauf es ankommt, damit der Projektor läuft: „Die Einkerbungen beim Schneckenrad müssen ganz präzise sein. In manchen Projektoren befindet sich auch noch ein Zahnrad mit 38 Zähnchen, welches, genau wie das Schneckenrad, aus zwei Materialien gefertigt ist. Das geht auch kaputt.“ Ein solches herzustellen, war die zweite „Herausforderung“ an die Lehrwerkstatt von KAPP NILES.

Neue Technologie für alte Technik

Das CREAPOLIS-Motto „Create“ übernimmt Bodo Neubert selbst. Er zeigte den Auszubildenden, wie 3D-Scan und 3D-Konstruktion funktionieren. Die daraus entstandenen vorläufigen Prototypen nahmen die jungen Männer mit in ihren Betrieb, wo gemeinsam weiter an dem Schneckenrad gefeilt wurde, ganz nach dem Motto „Innovate“.

Einige Wochen später kamen Björn Engel, Ausbilder bei KAPP NILES, mit den Azubis Leon Köhler und Lean Rauscher in den Makerspace. Im Gepäck hatten sie mehrere Ersatzteile, die jetzt in den Filmprojektor eingebaut werden konnten. Um diese zu produzieren, haben die Auszubildenden ganz unterschiedliche Arbeitsbereiche kennen gelernt. „Es war sehr aufwändig, das Schneckenrad herzustellen. Wir mussten ein geeignetes Material finden, ganz präzise Messungen durchführen und haben sogar ein eigenes Werkzeug dafür konstruiert und gebaut“, beschreibt Björn Engel den Vorgang.

Film ab

Friedhold Göhring hat das tückische Schneckenrad mittlerweile eingebaut und der Projektor läuft und schnurrt wieder. Er ist froh und dankbar, da er nun für die Sammler im Repair-Café neue Ersatzteile anbieten kann. Außerdem hat der Technikinteressierte selbst viel aus der Zusammenarbeit mitgenommen: „Es ist wirklich beeindruckend, welche komplexen Teile heute mit neuester Technik und entsprechendem Know-how hergestellt werden können. Das war noch vor zehn Jahren so nicht möglich.“

Bodo Neubert von CREAPOLIS resümiert: „Das ist genau, was wir wollen: Menschen, Hochschule und Unternehmen zusammenbringen, die dann gemeinsam nachhaltige und kreative Lösungen finden und umsetzen.“