Personalrat: der Frankenwald-Rambo und die Diplomatie

Dienstag. 12. Dezember 2023 (Natalie Schalk)
Kanzler Dr. Matthias J. Kaiser dankt Peter Grüdl für das langjährige Engagement. Foto: Hochschule Coburg
Ein Team: Stellvertretender Personalrats-Vorsitzender Peter Grüdl und Personalrats-Vorsitzende Monika Faaß an Grüdls Arbeitsplatz, dem Labor für Strömungsmechanik. Foto: Natalie Schalk / Hochschule Coburg

Vor 30 Jahren kam Peter Grüdl als Maschinenbau-Student an die Hochschule (damals FH), machte seinen Abschluss – und blieb. Er fing als Laboringenieur im Bereich Verbrennungsmotoren und Werkzeugüberwachung an, später in der Messtechnik. Heute arbeitet er im Labor für Strömungsmechanik der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik. Aber bekannt ist der 52-Jährige in allen Fakultäten: 17 Jahre lang war Peter Grüdl Personalratsvorsitzender. Die Personalversammlung am Donnerstag, 14. Dezember, wird erstmals seine Nachfolgerin Monika Faaß leiten. Grüdl ist einen Schritt zurückgetreten, unterstützt das Gremium aber weiter tatkräftig als stellvertretender Vorsitzender. Im Interview spricht er über seine Motivation, stille Erfolge und künftige Herausforderungen. Und darüber, warum er beruflich und privat eine „Rampensau“ ist.

So viele Jahre Ehrenamt … warum engagieren Sie sich im Personalrat?
Peter Grüdl: Dafür muss man geboren sein, denke ich mal? Mein Vater war Betriebsratsvorsitzender in einer großen Firma. Vielleicht habe ich es in die Wiege gelegt bekommen. Man braucht eine gewisse Liebe zu so einem Posten. Sonst macht man es nicht. Der Personalrat genießt zwar Ansehen, bekommt aber auch Druck von unten. Und fällt der Personalrat eine Entscheidung, die der Hochschulleitung nicht gefällt, kommt Druck von oben. Konfrontation ist also vorprogrammiert. Da gehört ein gewisser Charakter dazu. Kampfgeist sowieso. Wenn man immer gleich aufgibt, dann wird man auch nicht wiedergewählt.

Warum haben Sie den Vorsitz abgegeben?
Das hat gesundheitliche Gründe. Ich habe auch meine Arbeitszeit reduziert und ich glaube, in der Hälfte der Zeit kann man dem Amt als Personalrats-Vorsitzender nicht gerecht werden.

Wo gab es in fast 20 Jahren die größten Konfliktpunkte? Was waren die größten Erfolge?
Konflikte? Sind meist Probleme zwischen Beschäftigten und Vorgesetzten. Und Erfolge? Der Personalrat feiert keine großen Erfolge. Wenn er Erfolge hat, feiert er die im Stillen. Wir können nicht darüber reden, wenn es zum Beispiel um Einstellungen geht, um Höhergruppierungen, um Einzelpersonen. Wir sind aber auch nicht für alle Wehwehchen jedes Einzelnen zuständig. Wir prüfen, ob ein Problem möglicherweise eine Gruppe der Hochschule betrifft, dann nehmen wir uns dem an und gehen ins Gespräch. Es geht darum, dass eine Instanz da ist, die für alle eine gerechte Lösung sucht. Ist ja klar, dass die Hochschulleitung manchmal eine andere Position vertritt als die Beschäftigten. Und irgendwo in der Mitte treffen wir uns und finden dann einen Kompromiss. Erfolge … Ein wichtiger Schritt zum Beispiel in Richtung Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist die Homeoffice-Vereinbarung. Das ist auch etwas, womit die Hochschule bei Fachkräften punktet.

Was hat sich in den vergangenen Jahren, Jahrzehnten, verändert? Wachstum, neue Studiengänge, Digitalisierung …
Architektur, die Gebäude. Da hat sich einiges bewegt. Digitalisierung ist aktuell ein ganz großes Thema. Wie überall in der Wirtschaft erleben wir auch in der Hochschule, dass der Druck an vielen Stellen zunimmt. Die Arbeit wird mehr, möglicherweise auch anspruchsvoller. Ich dachte: Die Digitalisierung soll Zeit sparen. Davon sehe ich aber nichts. Auch die Studierenden verändern sich. Mir macht die Arbeit mit den Studierenden Spaß. Deshalb habe ich mich nie freistellen lassen. Aber ich habe den Eindruck, dass sie weniger neugierig sind. Es verändert sich vieles.

Sie haben vor dem heutigen Kanzler Dr. Matthias J. Kaiser auch seine Vorgängerin Maria Knott-Lutze erlebt … außerdem mehrere Präsident:innen …
Als ich angefangen habe, war Klaus Schubert Kanzler – ich habe also sogar schon drei erlebt. Kanzlerin Knott-Lutze war die „menschliche Chefin“ und Kanzler Kaiser ist ein „harter Brocken“. Mit unserem Kanzler Dr. Matthias J. Kaiser treffen wir uns heute regelmäßig: In Monatsgesprächen wird von beiden Seiten alles frei angesprochen. Es ist wichtig, zu verstehen, warum manche Entscheidungen getroffen werden. Wünschenswert wäre ein roter Faden, der vielen Stellen der Hochschule Arbeit ersparen würde. Ausnahmen sollten auch Einzelfälle bleiben. Wir haben auch eingeführt, dass wir uns jetzt einmal im Semester mit dem Präsidenten treffen. Es geht darum, dass die Hochschulleitung erfährt, wie die Beschäftigten manche Sachen sehen. Nur so können sie darauf hinwirken, dass sich Dinge verbessern.

Nimmt die Hochschulleitung das an?
Ja. Die Hochschulleitung hat immer ein offenes Ohr. Aber von heute auf morgen geht gar nichts. Es sind immer Prozesse, und die müssen wir positiv begleiten.

Sie haben schon viele Entwicklungen begleitet. Sind Sie ruhiger geworden?
Nicht mehr über alles – aber ich reg‘ mich schon immer noch auf. Ich bin so. Auch privat. Eine Rampensau, Musikant und Entertainer.

Welche Art von Musik machen Sie?
Querbeet. Ich hab alles gemacht: Alleinunterhalter, Oberkrainer, Tanzmusik, Blasmusik und Wirtshaussingen. Instrumente: Trompete, Akkordeon, Keyboard und Gesang und Moderation. Bei uns in Buchbach.

Sie sind in Franken geboren, haben in Franken studiert und arbeiten schon immer hier im „Innovationsdreieck“. Warum?
Ich komme aus dem Frankenwald. Buchbach liegt zwischen Kronach und Ludwigstadt und ist wegen seiner Kirche über die Landkreis-Grenzen hinaus bekannt: Der „Frankenwald-Dom“ ist ein besonderes Bauwerk. Ich mag den Ort. Die Menschen. Die Musik. Es ist Heimat. Familie. Ich sitze auch im Gemeinderat, bin im Kreistag.

Die Personalversammlung der Hochschule am Donnerstag, 14. Dezember, ist die erste unter der Vorsitzenden Monika Faaß – wie funktioniert die Zusammenarbeit im Gremium?
Mit ihr haben wir ein sehr erfahrenes Mitglied zur Vorsitzenden gewählt. Die Moni und ich: Wir sind ein gutes Team. Ich bin mehr der Frankenwald-Rambo. Sie ist diplomatischer. Sie macht es anders. Charmanter. Das ist nicht schlecht. Gut ist auch, dass das Gremium aus verschiedensten Bereichen der Hochschule zusammengesetzt ist. Da hat jeder andere Erfahrungen und wir bekommen mit, was in den verschiedenen Bereichen los ist. Es gibt innerhalb des Gremiums Expertinnen und Experten für verschiedene Themen. Die schicken wir auch auf Schulungen. Die Zusammenarbeit ist gut. Kritisch? Ja, schon. Nicht jede Entscheidung ist einstimmig. Aber wenn eine Entscheidung gefallen ist, stehen wir zusammen. Es stimmen aber auch nicht immer alle ab. Wenn es zum Beispiel darum geht, einen Beschäftigten einzustellen, entscheidet nur die Gruppe der Beschäftigten. Im Personalrat sind das sieben Leute. Zwei weitere vertreten die Gruppe der Beamtinnen und Beamten. Es gibt auch Bereiche, in denen alle gemeinsam entscheiden, immer dann, wenn es alle betrifft. Und wir beraten uns immer alle gemeinsam.

Wo holt sich das Gremium Rat, wenn es Probleme gibt?
Von den regelmäßigen Treffen der Personalrats-Vorsitzenden der Hochschulen in Bayern bringen wir viele Themen mit. Der Austausch funktioniert hervorragend. Wenn keine Einigung erzielt wird, gibt es ein dreistufiges System, das bis zum Verwaltungsgericht geht. An der Hochschule war das aber noch nie nötig.

Die nächste Personalversammlung wird hybrid angeboten – um welche Themen geht es?
Schon wegen der Außenstandorte Kronach und Lichtenfels macht eine hybride Versammlung Sinn. Als Vorsitzende wird Monika Faaß den Tätigkeitsbericht vortragen. Der Kanzler übernimmt einen Part. Und bei einzelnen, wichtigen Themen steigen wir dann etwas tiefer ein. Es wird interessant.

Welche Themen stehen in Zukunft an?
Uns beschäftigt die Frage: Wie gehen wir in der Hochschule miteinander um? Es geht um eine Dienstvereinbarung zum Thema Mobbing. So etwas muss gelebt werden. Es muss in den Köpfen passieren, dass man aufrichtig, menschlich miteinander umgeht. Außerdem möchten wir eine Vereinbarung zum Einstellungsprozess. Der beschäftigt den Personalrat in einer Tour. Es gibt unterschiedliche Vorstellungen, wie und wie schnell eine Einstellung geschehen muss. Ein weiteres Thema ist das Hochschul-Innovations-Gesetz. Wenn es um Ausgründungen geht, fragen wir, was das für die Beschäftigten bedeutet. Wenn es um mehr Eigenständigkeit der Hochschule geht, fragen wir, welche zusätzliche Arbeit damit verbunden ist, welche Ressourcen das bindet. Mit solchen Themen wird sich das Gremium unter dem Vorsitz von Monika Faaß befassen.

Und Sie? Wird Ihnen nicht langweilig?
Auf keinen Fall. Schon wegen der Tiere! Ich habe Ziegen. Schafe. Hasen. Ich habe Tauben, Hühner, Fasane, Zebrafinken, Kanarienvögel, Wachteln und Zwergwachteln. Ich habe auch japanische Mövchen! Die Familie. Die Musik. Die Vereine. Mir wird ganz sicher nicht langweilig.