Schwachpunkte im Stromnetz erkennen

Montag. 01. August 2016 (Pressestelle)
Stefan Link (Main-Donau Netzgesellschaft), Hagen Ruhland (N-ERGIE), Prof. Dr. Christian Weindl, Jakob Hanke (ForschungsTransferCenter), Torsten Berth (Baur GmbH), v.l. (Foto: N-ERGIE)

Die Hochschule Coburg beteiligt sich an einem Forschungsprojekt mit dem Nürnberger Stromanbieter N-ERGIE und dem Energie Campus Nürnberg. Das Team unter Leitung von Prof. Dr. Christian Weindl entwickelt Methoden, die Auskunft über den Zustand von Stromkabeln geben können.

Wann hat ein Stromkabel seine maximale Lebensdauer erreicht und muss ausgetauscht werden? Diese Frage ist für Netzbetreiber bedeutsam. Denn idealerweise könnten die Kabel ersetzt werden, bevor sie kaputt gehen.

Die Forscher um Prof. Dr.-Ing. habil. Christian Weindl, Fakultät Elektrotechnik und Informatik, wollen herausfinden, wie man den Zustand und die Restlebensdauer von Mittelspannungskabeln am besten bestimmen kann. Sie untersuchen insbesondere sogenannte Papier-Massekabel, also Kabel, die mit öl- bzw. massegetränkten Papierschichten isoliert sind.

In einem vorgelagerten Langzeitversuch untersuchte das Forschungsteam die Kabelalterung bereits erfolgreich unter Laborbedingungen. Dabei ließ es Mittelspannungskabel in einem beschleunigten Prozess künstlich altern, um Parameter ableiten zu können, die auf das baldige Lebensende eines Kabels hindeuten.

Gemeinsam mit der Firma Baur Prüf- und Messtechnik GmbH entwickelte das Forschungsteam jetzt einen Kabeldiagnosewagen, den Mitarbeiter der N-ERGIE Service GmbH für erste Untersuchungen nutzen. Bis 2018 werden sie rund 250 Kabelstrecken im Mittelspannungsnetz analysieren. Besonderes Interesse gilt dabei den zahlreichen Mischkabelstrecken, also Kabelstrecken, die in Teilen aus Papier-Massekabeln sowie in Teilen aus neueren Kabeln mit einer Isolierung aus vernetztem Polyethylen (VPE) bestehen. Der Straßenbelag muss für die Feldmessungen an den Erdkabeln nicht aufgerissen werden. Mit dem Diagnosefahrzeug können die Untersuchungen direkt an einem Umspannwerk oder an einer Trafostation durchgeführt werden.

„Die Feldmessungen laufen sehr gut an. Das hochgenaue Messsystem, das wir entwickelt haben, bewährt sich im praktischen Einsatz. Die Ergebnisse liegen in einem Bereich, der die Erkenntnisse unseres Laborversuchs bestätigt“, resümiert Prof. Dr. Weindl.

Das Messsystem besteht aus zahlreichen Komponenten, die im Zuge des Forschungsprojekts entwickelt wurden. Bei Frequenzen von 0,1 und 50 Hertz werden damit die Verlustfaktoren ermittelt, die Aufschluss über den Zustand der Kabelstrecken geben. Die Ergebnisse der Messungen ergänzen die bereits bestehende Datenbankbank, die mit ihrer großen Zahl an Vergleichswerten den Entscheidungsprozess für einen möglichen Austausch maßgeblich unterstützen wird.

„Die Messungen, die wir derzeit vornehmen, sind ein weiterer Schritt hin zu einem Datenbanksystem, das uns zukünftig die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls besser abschätzen lässt“, sagt Stefan Link, der bei der Main-Donau Netzgesellschaft für das Netzmanagement in der Region Nürnberg zuständig ist.

Das Forschungsprojekt war zunächst an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg angesiedelt und ging nach dem Wechsel von Prof. Weindl an die Hochschule Coburg über.