14. August '25
(Interview: Andreas T. Wolf)
Anderthalb Dekaden hat er als Professur an der Hochschule Coburg die Fakultät Soziale Arbeit bereichert. Jetzt verabschiedet sich Prof. Dr. Michael Vogt in den Ruhestand. Ein Rückblick auf seine Arbeit.
Prof. Vogt, Sie waren vor der Professur im kirchlichen Dienst tätig. Was hat Sie dazu bewegt an die Hochschule zu gehen und zu lehren?
Prof. DR. Michael Vogt: Die Suche nach einer neuen Herausforderung, denn wie heißt es doch treffend: „Wer am Alten hängt, der wird nicht alt!“ Insoweit habe ich meinen beruflichen Lebensweg „gedrittelt“, zunächst Sozialarbeiter und in der Geschäftsführung eines Wohlfahrtsverbandes, dann in der Leitung von 17 Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen, bevor ich 2008 nach Coburg kam. Von meinem Selbstverständnis als Berater und Psychotherapeut mit meinem Forschungsinteresse an der „Partnerschaft im Alter“ kam mir die Ausschreibung einer Professur im Bereich der klinisch-sozialarbeiterischen Ausrichtung an der Hochschule Coburg gerade recht.
Was war ihr Fokus und was hat Ihnen am meisten gefallen an Ihrer Arbeit?
Mein Fokus galt immer der Entwicklung von Beratungskompetenzen für unterschiedliches Klientel. Deshalb habe ich von meinem Vorgänger Professor Helmut Pauls für einige Jahre die Studiengangsleitung für den gemeinsam mit der Alice Salomon Hochschule Berlin verantworteten Weiterbildungsmaster Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Klinische Sozialarbeit übernommen. Inzwischen biete ich auch gemeinsam mit meiner Kollegin Professorin Dr. Christiane Kröger im Bachelorstudium Soziale Arbeit das optionale Begleitstudium „Erfahrungs- und personenzentrierte Beratung“ an.
Obwohl zwölf Blockwochenenden für Lehrende wie auch Studierende hinzukommen, zeigen die Rückmeldungen, wie sehr die Studierenden fachlich und persönlich davon profitiert haben. Aufgrund einer studentischen Initiative habe ich mich „überreden“ lassen, auch als Pensionär mit einem Lehrauftrag hier weiter mitzuwirken. Ich freue mich sehr, dass Prof. Dr. Christine Kröger und Prof. Dr. Christopher Romanowski-Kirchner dieses Angebot fortführen wollen.
Und in der Forschung?
Mit meinem Forschungsgebiet der Partnerschaft und Sexualität im Alter war ich sicherlich bis zu einem gewissen Teil eher Exot in der Forschungslandschaft unserer Hochschule, andererseits gelang es mir, zahlreiche Praxiskontakte zu Beratungseinrichtungen aufzubauen. Dazu hat sicherlich das große internationale Medieninteresse an meinem Forschungsschwerpunkt beigetragen.
Wie hat sich ihre Arbeit in den vergangenen siebzehn Jahren gewandelt?
Die Profilierung des Schwerpunktes „Klinische Sozialarbeit“ hat sich innerhalb der Fakultät, der Hochschule wie auch in der Hochschullandschaft immer mehr durchgesetzt. Gerade zu Beginn meiner Tätigkeit gab es viel häufiger auch innerhalb der wissenschaftlichen Community Erklärungsbedarf, dass klinische Sozialarbeit eben keine Sozialarbeit an Kliniken und Krankenhäusern darstellt, sondern sich mit einem Fokus als gesundheitsbezogene Fachsozialarbeit auf schwer erreichbare Klientel ausrichtet. Leider ist der Fachbereich „Gesundheit“ zwischenzeitlich an eine andere Fakultät angebunden worden, obwohl Soziale Arbeit, denken Sie mal an die Arbeit mit psychisch erkrankten Menschen, immer einen Gesundheitsbezug hat.
Sie haben eng mit Studierenden zusammengearbeitet: Was hat sich hier verändert und was werden Sie vermissen?
Die Arbeit mit Studierenden hat mir immer große Freude bereitet, weshalb ich zwischenzeitlich gerne auch die Aufgabe des Studiendekans übernommen habe. Hier habe ich erstmalig an der Hochschule Fokusgruppen mit Lehrenden und Studierenden zur erlebten Studiensituation initiiert, was bei anschließenden Veränderungen von Studien- und Prüfungsordnungen umgesetzt wurde. Insgesamt erlebe ich Studierende derzeit stärker psychisch belastet, was ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Es gibt oftmals eine große Unsicherheit in der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben, die ein größeres psychosoziales Beratungsangebot an der Hochschule erfordert. Ich selbst wurde sehr häufig bei persönlichen Fragestellungen von Studierenden angesprochen, was ich immer als Zeichen einer bestehenden Vertrauensbeziehung empfunden habe. Die vielen ungeplanten und spontanen Begegnungen mit Studierenden, egal ob auf dem Campus oder in der Innenstadt, werde ich vermissen.
Was würden Sie Personen raten, die sich für eine Professur an der Hochschule Coburg interessieren?
Da nur die Rahmenbedingungen strukturell vorgegeben sind, kann die Ausgestaltung des Arbeitsfeldes mit Lehre und Forschung im guten Miteinander mit den Fakultäten und der Hochschulleitung erfolgen. Das erfordert neben Fachkompetenzen vor allem die Bereitschaft, neugierig auf Studierende zuzugehen. So lässt sich gemeinsam „Entdeckerfreude“ entfalten und Studierende gut auf ihren Beruf vorzubereiten.
Wie geht es jetzt für Sie weiter?
Durch verschiedene Lehraufträge werde ich mich „scheibchenweise“ von der Hochschule Coburg verabschieden. Inzwischen bin ich 45 Jahre ununterbrochen berufstätig und freue mich auf mehr Freiräume und weniger Fahrzeiten. Neben weitergehenden Aufgaben wie Beratung, Therapie und ehrenamtlichen Tätigkeiten wie Schöffe an einer Jugendstrafkammer werde ich mich wieder mehr mit Fotografie beschäftigen.