Ein altes Kreuz wird digital

Montag. 26. Juli 2021 (Pia Dahlem)
Kreuz in CNC Fräse
Das Namen-Gottes-Kreuz wurde von CREAPOLIS aus originalen Kirchenbalken reproduziert.
3D-Scan des Kreuzes
Auf dem 3D-Scan wurde zuerst die Beschädigung repariert.
3D-Metalldruck
Eine Version wurde im 3D-Metalldruck erstellt.
Kreuze aus Sperrholz
Repliken aus dem Lasercutter und der CNC Fräse werden als Andenken verkauft.
Kreuz nah
Die Zeichen gaben der Kirchenverwaltung Rätsel auf. / Fotos: CREAPOLIS

Ein historischer Fund in der Zeitkapsel im Turmknauf einer oberfränkischen Kirche gibt Rätsel auf. Die Vernetzungsplattform der Hochschule Coburg, CREAPOLIS, hat mit der Unterstützung der Rainer-Markgraf-Stiftung ein Projekt dazu initiiert.

„Es wird noch gerätselt, wie das 300 Jahre alte Kreuz überhaupt in den Turmknauf kam, wem es gehörte“, berichtet Dr. Markus Neufeld, Projektleiter von CREAPOLIS. Nicht nur das macht die Geschichte so spannend. Bei Renovierungsarbeiten der Kirche „Unsere liebe Frau“ in Dormitz im Landkreis Forchheim wurde in der Zeitkapsel des Glockenturms, neben historischen Münzen und Dokumenten, ein gematrisches Namen-Gottes-Kreuz entdeckt. Es ist nur 72 mal 42 Millimeter groß und stammt vermutlich aus dem 17. Jahrhundert. „Die Entschlüsselung der hebräischen Schriftzeichen und Zahlen auf dem Kreuz hat die Kirchenverwaltung der Gemeinde sehr beschäftigt“, so Neufeld. Auf dem Kreuz sind verschiedene Zeichen und Zahlen, die nach bestimmten Schlüsseln für Buchstaben stehen. Sozusagen eine Geheimschrift. Damit das Kreuz der Nachwelt dauerhaft erhalten bleibt, hat CREAPOLIS für die Kirche ein Projekt gestartet. Durch die finanzielle Unterstützung der Rainer-Markgraf-Stiftung konnte das Vorhaben auch professionell realisiert werden.

Operation 3D-Scan

Am Institut für Prototypen- und Modelltechnik der Hochschule Coburg wurde das Kreuz zunächst digitalisiert. „Das Kreuz ist leider zerbrochen, aber es konnte sozusagen digital geklebt werden“, beschreibt Neufeld den ersten Schritt. Die Digitalisierung erfolgte mittels eines hochauflösenden 3D-Scanners. Der Leiter des Instituts Prof. Dr. Markus Stark von der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik hat sich persönlich der Sache angenommen. Er erklärt: „Die Herausforderung bestand darin, das in zwei Teile zerbrochene und auch verbogene Kreuz digital zu reparieren und gerade zu biegen. Hierfür haben wir mit unterschiedlichen Software-Werkzeugen gearbeitet und das Modell am Computer optimiert. Auf dieser Basis haben wir dann im 3D-Metalldruck eine Version des Kreuzes produziert.“

Im nächsten Schritt konnten auf Basis des 3D-Modells beliebige Reproduktionen erstellt werden. Ob im 3D-Druck, auf der CNC-Fräse oder im Lasercutter – die Repliken wurden im Makerspace vom CREAPOLIS-Team produziert. „Der Clou ist, dass wir auch eine Serie von Kreuzen aus originalen Eichenbalken des Dachstuhls der Kirche fertigen konnten“, freut sich Markus Neufeld. Außerdem gibt es eine „einfachere“ Serie aus Sperrholz. Tobias Chilla, Mitglied der Dormitzer Kirchenverwaltung, berichtet von begeisterten Reaktionen beim Anblick der ersten Fotos: „Das Kreuz aus dem Kirchturm war für uns eine kleine Sensation. Die Vorstellung, dass bald viele Menschen in den Genuss einer Replik dieses Schmuckstückes kommen, lässt bei uns die Vorfreude steigen!“ Die Kreuze werden am 1. August bei einem Festgottesdienst mit Weihbischof Herwig Gössl als Devotionalie angeboten. Diese Veranstaltung findet unter Hygienebeschränkungen statt, mehr Informationen dazu finden Sie hier.