Konnichiwa Kommilitonin: Marie startet ins Auslandsstudium

Montag. 18. September 2023 (Natalie Schalk)
Fußgänger auf einer nächtlichen Straßenkreuzung, im Hintergrund große Gebäude mit Neonreklame. Eine junge Frau steht im Vordergrund und lächelt in die Kamera.
Tokio bei Nacht: Die Coburger Studentin Marie Stengel im Stadtteil Shinjuku. Foto: privat
Ein Turm, der aussieht wie der Eifelturm, ist nachts rot und blau beleuchtet.
Ein weiteres Wahrzeichen der japanischen Hauptstadt ist der Tokyo Tower, ein nach dem Vorbild des Eiffelturms in Stahlfachwerkbauweise erbauter Fernsehturm. Foto: privat

Ein Auslandsjahr ist Standard im Bachelor-Studiengang „Emerging Technologies“ der Hochschule Coburg. Neuerdings gibt es auch eine Kooperation mit dem Shibaura Institute of Technology (SIT) in Tokio. Studentin Marie Stengel ist in der größten Stadt der Welt gelandet.

Dass es keine Mülleimer gibt, ist eines dieser kleinen Details, über die Marie Stengel in den Straßen Tokios staunt: „Jeder nimmt seinen Abfall einfach mit nach Hause: Alles ist super aufgeräumt, alles respektvoll.“ Und das in einer Stadt, in der fast zehn Millionen Menschen leben – im Ballungsraum Tokio sind es sogar gut 37 Millionen. „Als ich vom Flughafen mit dem Zug ins Zentrum gefahren bin, war das ein Schock: Man fährt wirklich lange, aber überall ist Stadt, Gebäude, noch mehr Gebäude, immer größer, immer höher.“ In einem Videotelefonat berichtet sie von den spannenden Eindrücken. Während es an der Hochschule Coburg gerade 10 Uhr morgens ist, bereitet sich die Studentin gedanklich auf die Nacht vor. „Hier ist es 17 Uhr“, erzählt sie. „Später will ich noch einmal nach Shibuya.“ Eine der speziellen Sehenswürdigkeiten, für die dieser Stadtteil bekannt ist, ist eine Straßenkreuzung: „2500 Menschen überqueren die Shibuya Crossing gleichzeitig. Und überall riesige Neonreklamen: einfach beeindruckend!“

Ein Auslandsjahr für angehende Physikingenieur:innen

Am Donnerstag, 7. September, ist Marie Stengel in Tokio gelandet. Die 24-Jährige ist froh, dass sie etwas Zeit eingeplant hat, um sich vor Beginn der Vorlesungen am Montag, 25. September, an ihrem neuen Studienort ein wenig zu orientieren. Das dritte und vierte Semester im international ausgerichteten Studienzweig „Emerging Technologies“ des Coburger Bachelor-Studiengangs Zukunftstechnologien findet grundsätzlich an einer Partnerhochschule im Ausland statt: an der University of Shanghai for Science and Technology in China, der Universität Twente in den Niederlanden, der Universität Winnipeg in Kanada oder eben in Japans Hauptstadt Tokio: Mit dem Shibaura Institute of Technology (SIT) hier wurde erst vergangenes Jahr eine Kooperation vereinbart und Stengel ist die erste Studierende aus Coburg, die ihr Auslandsjahr in Tokio verbringen wird.

Sprachliche und interkulturelle Kompetenzen - und ein individueller Stundenplan

Unterrichtssprache ist Englisch – ab dem fünften Semester auch in fast allen Veranstaltungen in Coburg. Außer Fachwissen erwerben die Studierenden so auch sprachliche und interkulturelle Kompetenzen. Sie sind bestens darauf vorbereitet, später als Physikingenieur:innen in interkulturellen Teams zu arbeiten. Die im Ausland erbrachten Leistungen werden in Coburg vollständig angerechnet, die Lehrpläne sind aufeinander abgestimmt. „Das unterschiedliche fachliche Profil unserer ausländischen Partnerhochschulen ermöglicht den Studierenden, verschiedene Schwerpunkte zu setzen“, erklärt Studiengangsleiterin Prof. Dr. Ada Bäumner. Der Studiengang wendet sich an technisch interessierte Menschen, die über ihre fachlichen Schwerpunkte gerne selbst entscheiden. Zusätzlich zu den klassischen Fächern Mathematik, Informatik, Chemie und Physik können sich Studierende ab dem dritten Semester ihren Stundenplan individuell zusammenstellen. „Ob Mikrofluidik und Biosensorik, Photonik und Lasertechnik und elektrochemische Energiespeicher“, zählt Bäumner auf, „auch weitere Fächer z.B. aus dem Maschinenbau, dem Design oder der Elektrotechnik sind möglich.“

Die Vielfalt ist schon cool!"

Marie Stengel will sich am SIT in Tokio mit „Materials for Energy“ beschäftigen, mit Nuklearenergie und anderen Themen in dieser Richtung. „Ich kann mir gut vorstellen, mich auf diesen Bereich zu spezialisieren“, erklärt sie. Aber sie mag auch die Offenheit: „Ich hätte zum Beispiel nicht gedacht, dass ich irgendwann mal Programmieren lerne. Die Vielfalt meines Studiengangs ist schon cool.“ Das war einer der Gründe, warum sie sich für Emerging Technologies entschieden hat. Der andere war, dass sie unbedingt ins Ausland wollte. „Ich komme zwar aus einem kleinen Ort in der Nähe von Stuttgart, aber weil mein Vater im Ausland gearbeitet hat, habe ich auch fünf Jahre in der Türkei und vier Jahre in Mexiko gelebt“, erzählt sie. „Ich habe in ganz Deutschland gesucht, wo ein Physik-Studiengang im Bachelor ein Studium auf Englisch und eben auch Auslandsaufenthalte ermöglicht.“

Auch Prof. Dr. Michael Wick findet das extrem wichtig: „Bei so einem Auslandsaufenthalt macht man Erfahrungen fürs ganze Leben.“ Wick hat sich mehrere Jahre um den internationalen Austausch gekümmert, leitete lange den internationalen Masterstudiengang Analytical Instruments, Measurement and Sensor Technology (AIMS) der Hochschule Coburg und den Bachelor-Studiengang Technische Physik - Engineering Physics, einen Schwesterstudiengang zu Emerging Technologies. „Ich sage den Studierenden immer, dass sie jetzt ins Ausland sollen. Wenn man jünger ist, kann man es voll genießen. Natürlich ist es später im Beruf auch möglich, aber dann hat man mehr Verantwortung“, erklärt der Professor.

So funktioniert es finanziell: keine Studiengebühren - aber ein Stipendium

Die Hochschule unterstützt die Studierenden auf vielfältige Weise. „Im Kooperationsvertrag wurde beispielsweise auch vereinbart, dass das SIT von den Coburger Studierenden nicht die üblichen Studiengebühren verlangt“, berichtet Wick. Marie Stengel nickt heftig: „Das wären pro Semester um die 3.000 Euro gewesen. Ich zahle nur eine Art Verwaltungsgebühr von nicht einmal 200 Euro.“ Über das International Office der Hochschule bekam Marie Stengel außerdem ein Stipendium des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst und vor Ort in Tokio half ihr die Partnerhochschule, ein Zimmer zu finden und Kontakte zu den anderen internationalen Studierenden zu knüpfen. Mit ein paar von ihnen ist sie heute Abend verabredet. Sie muss los. Ab nach Shibuya. Tschüß Coburg. Hallo und Konnichiwa Tokio!

Für einige Studiengänge der Hochschule Coburg ist die Anmeldung fürs Wintersemester noch bis 30. September möglich – weitere Informationen auf den Studiengangsseiten.