26. Oktober '21
Nach den ersten Tagen als Kanzler und den ersten 100 Tagen im Amt, stellt sich Dr. Matthias J. Kaiser selbst gerne auf den Prüfstand. Nun lässt er das erste Jahr als neuer Kanzler Revue passieren.
Das Hochschulinnovationsgesetz ist sicher der wichtigste Wegweiser für Ihre Arbeit. Wie begegnen Sie den neuen Vorgaben?
Dr. Matthias J. Kaiser: Das neue Hochschulinnovationsgesetz des Freistaates Bayern hat sozusagen den Nordpol für unseren Hochschulkompass ein gutes Stück verrückt. Wir müssen unseren Kurs anpassen. Stichworte sind hier die „Unternehmerische Hochschule“ und der damit zu ergründende, neue Zeitgeist. Das bringt eine stark betriebswirtschaftliche Perspektive und mehr Wettbewerb mit sich. Wir dürfen jetzt noch stärker begründen, warum wir etwas tun. Zum anderen wird das Gut „Bildung“ neuen Rahmenbedingungen unterworfen. Das bedeutet eine Konzentration auf unsere Kernkompetenzen und mehr Effizienzdenken im „Drumherum“ um Lehre, Forschung und Transfer. Innerhalb dieser Bereiche müssen wir gemeinsam die Schwerpunkte und deutliche Akzente setzen, die wir im neuen Strategiepapier 2030 festgehalten haben. Natürlich bringen auch die Kolleginnen und Kollegen der Hochschulleitung diesen neuen Zeitgeist mit voran. Unsere gemeinsamen Maximen sind hier: Zukunft gestalten, Region prägen und mehr als lernen und arbeiten. In meinen Bereich fällt dabei die Hochschulverwaltung, das IT-Zentrum und unsere Bibliothek darauf vorzubereiten.
Dabei ist die Digitalisierung ein wichtiger Punkt?
Genau, Serviceverbesserungen und Digitalisierung von Verwaltungsprozessen laufen Hand in Hand. Das habe ich mir für die nächsten Monate und Jahre vorgenommen. Hier haben wir schon einiges geschafft, und es gibt noch viele Vorgänge, die wir generell weiter vereinfachen, optimieren und auch digitalisieren müssen.
Sie sagen, das mittlere Management soll gestärkt werden, was genau bedeutet das?
Ich möchte, dass die Arbeit in den Einheiten selbständiger gestaltet wird. Das geht nur mit einer Stärkung des mittleren Managements. Dabei ist mir sehr wichtig, dass Abteilungsleitungen und Referatsleitungen mit mehr Verantwortung, Budgets und Mandaten ausgestattet werden. Wir brauchen eine klare Ressourcenplanung, klare Richtlinien. Und ich weiß, es kann auch anstrengend sein, Verantwortung zu tragen. Im ersten Jahr sind nun gemeinsam die „groben Weichenstellungen“ getroffen worden, jetzt geht es an die „Feinjustierung“. Ich glaube fest daran, dass Teamleistungen oft nachhaltiger sind, als Einzelleistungen.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadt-Verwaltung und Politik?
Mein Kontakt zum Ministerium, den Landtagsabgeordneten, zum Oberbürgermeister, dem Landrat, zu regionalen Unternehmerinnen und Unternehmern und dem Stadtrat ist exzellent. Wir tauschen uns alle regelmäßig aus und versuchen die Hochschule als aktiven Player zu etablieren, um die Region zu stärken. Die Hochschule wird von vielen Seiten sehr gut unterstützt, nimmt weiter Fahrt auf. Ich arbeite wirklich gerne und vertrauensvoll mit allen Netzwerker:innen zusammen.
Was sind die größten Stärken, die Sie in Ihre Arbeit einbringen?
Ich höre aktiv zu, versuche empathisch zu sein und komme schnell auf den Punkt. Auf diese Weise können Entscheidungen zügig und nachhaltig getroffen werden. Außerdem bin ich „hoffentlich“ sehr zuverlässig. Ich bin sicher hart gegen mich selbst, aber versuche auch fair und großzügig anderen gegenüber zu sein. Diese Kombination finde ich wichtig, schließlich will ich für alle an der Hochschule ein guter Dienstleister sein.
Kanzler einer Hochschule zu werden, war sicher nicht immer Ihr Berufswunsch, in welche Richtung wollten Sie früher gehen?
Meine Eltern sind beide geisteswissenschaftlich geprägt, daher habe ich immer mit Ingenieurwissenschaften geliebäugelt. Sich etwas auszudenken und mit eigenen Händen umzusetzen, also vom Denkmodus auch mal in den Gummistiefelmodus zu kommen, finde ich gut. Hier an der Hochschule habe ich das in gewisser Weise immer noch: Was ich mir ausdenke und mit dem Team bespreche, kann ich entstehen sehen. Ich sehe was erschaffen worden ist. Daneben bleibt dennoch die Erkenntnis, dass viele Leute um mich rum in praktischen Dingen des Lebens deutlich besser sind, als ich.
Neben handwerklichen Defiziten, was bezeichnen Sie als Ihre größte Schwäche?
Meine größte Schwäche ist, dass ich bei manchen Themen nicht „Nein“ sagen kann, da überwiegt das Altruistische oder auch meine Neugier. Viele wissen ja, dass ich Japan sehr mag und dort verwendet man das Wort „Nein“ auch nicht, obwohl es im Wörterbuch zu finden ist. Die Konsequenzen zeigen sich dann für mich in einem hohen Workload. Darauf reagiere ich unter anderem, indem ich mein Selbstmanagement anpasse und die Selbstverantwortung in den zentralen Einheiten der Hochschulverwaltung stärke.
Mit welchen Worten würden Sie Ihr erstes Jahr als Kanzler der Hochschule Coburg abschließen?
Natürlich weiß ich, als Kanzler ist man niemals „Everybody´s Darling“. Ich habe große und unterschiedliche Verantwortlichkeiten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unseren Haushalt und die operativen Prozesse im Alltag unserer Hochschulfamilie. Ich habe Respekt gegenüber dieser „Kanzlerfunktion“ und möchte insbesondere allen Kolleginnen und Kollegen meine große Dankbarkeit ausdrücken, dass man mich hier so annimmt, wie ich bin und wirke: Ein Westfale, der es in Franken sehr gut getroffen hat.