Medizin-Konferenz: Was Daten über Corona verraten

Mittwoch. 09. Dezember 2020 (Natalie Schalk)
Ein Mann mit Maske
Wer ist besonders gefährdet, wer weniger? Um Erkenntnisse zu dieser und anderen Fragen rund um die Corona-Pandemie zu gewinnen, kombiniert die Systemmedizin Daten aus verschiedenen Fachdisziplinen. Foto: Orna W.
Ein Mann
Prof. Dr. Stefan Kalkhof / Foto: Hochschule Coburg

Die Bioanalytik der Hochschule Coburg richtet eine Expertentagung zu Systemmedizin aus: Unter anderem geht es darum, wie Computertechnik in der Corona-Pandemie bei Medikamenten-Entwicklung, Prognostik und Testung genutzt wird.

Ob Corona oder andere Krankheiten: Welche Beschwerden wann, wie lang und wie schlimm auftreten, ist nicht bei allen Patienten gleich. Es hängt ab von so verschiedenen Faktoren wie Alter und Genen, Blutgruppe, Umfeld, Umwelt, psychischer Verfassung und Vorerkrankungen. Den menschlichen Organismus in seiner Gesamtheit untersucht ein spezieller Bereich der Biowissenschaften: „Systemmedizin“ kombiniert Daten aus verschiedenen Fachbereichen, um daraus neue Erkenntnisse zu gewinnen. An der Hochschule Coburg wird am Dienstag, 15. Dezember, eine Konferenz zum Thema ausgerichtet.

„Das hat schon Tradition“, sagt Prof. Dr. Stefan Kalkhof, Studiengangsleiter im Master Bioanalytik. „Vor zwei Jahren hatten wir beispielsweise Biontech zu Gast.“ Das Biotechnologie-Unternehmen rund um das Forscherpaar Ugur Sahin und Özlem Türeci ist inzwischen weltweit bekannt für die Entwicklung eines der ersten Corona-Impfstoffe.

Bei der Coburger Konferenz wird es diesmal auch um Corona gehen, außerdem um Krebs- und Herzerkrankungen. „Die Wissenschaftler haben Forschungsfelder, die es schon vor Corona gab“, sagt Kalkhof. Die Konferenz findet 2020 online statt, wird aber wie immer zum großen Teil von Studierenden des Masters Bioanalytik mitorganisiert. Per Video tauschen sie sich gerade zum aktuellen Stand aus.

Studierende organisieren wissenschaftlichen Austausch

Toni Schindler beispielsweise hat sich mit dem Forschungsgebiet von Prof. Dr. Jan Baumbach von der Technischen Universität München beschäftigt: Der Experte für Vernetzungsplattformen wird bei der Systemmedizin-Tagung vorstellen, welche neuen Ansätze zur Covid-19-Medikamenten-Entwicklung durch die Informatik entstanden sind. In Datenbanken werden Zusammenhänge sichtbar – und das ist es, was in den vergangenen Monaten eine medikamentöse Behandlung von Corona-Patienten überhaupt erst ermöglichte. Arzneien wie Remdesivir und Ritonavir, die eigentlich bei Ebola und HIV eingesetzt werden, können so auch für Corona-Patienten genutzt werden.

Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Prognostik. Prof. Dr. Markus Scholz vom Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie der Universität Leipzig, ist als Experte für Hochrechnungen der Corona-Infektionszahlen eingeladen. Er beschäftigt sich unter anderem damit, wie sich die Pandemie und andere Erkrankungen entwickeln und mit welchen Risikofaktoren sie assoziiert sind. Dabei legt er verschiedenen Szenarien zugrunde.

Für alle weiteren Berechnungen braucht es aber erst einmal verlässliche Daten – die Testung auf das Coronavirus ist der dritte Schwerpunkt der Konferenz. Dr. Kristin Reiche wird über die Entwicklung neuer RNA-basierte Testmöglichkeiten und -Strategien informieren. Sie leitet die Arbeitsgruppe Bioinformatik des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig.

Für die Studierenden ist wichtig, dass sie nicht nur Veröffentlichungen über solche aktuellen Forschungsthemen lesen. „Es geht darum, aktiv am wissenschaftlichen Austausch teilzuhaben“, sagt der Coburger Bioanalytik-Student Philip Ohland. Seine Kommilitonin Fabienne Zapf erklärt, dass sie im Wahlpflichtfach „Aktuelles aus der klinischen Forschung“ des Masters in kleinen Teams arbeiten und die einzelnen Projekte in Gruppenarbeit vorstellen.

Dabei geht es zwar um verschiedene Themen, aber eines ist allen gemeinsam: die computergestützte Auswertung der Daten. „Die Bioanalytik ist ein Paradebeispiel dafür, wie wichtig Künstliche Intelligenz geworden ist“, sagt Studiengangsleiter Kalkhof. „Wir können viel messen, können Marker von Tausenden Patienten erfassen – aber die Daten müssen eben auch verarbeitet werden.“

Wer mehr über Systemmedizin und ihre Rolle bei Covid-19 erfahren möchte, kann sich am Dienstag, 15. Dezember, zwischen 17 und 19 Uhr hier in die Zoom-Konferenz der Hochschule Coburg einwählen: (Meeting-ID: 927 4870 7726, Passwort: 019049)