TAO Themenjahr: Demenz betrifft die gesamte Gesellschaft

Dienstag. 17. Oktober 2023 (Cindy Dötschel)
Zwei Männer sprechen in ein Mikrofon.
Dr. Markus Neufeld und Prof. Dr. Martin Synold. Foto: Cindy Dötschel / Hochschule Coburg
Eine Frau mit Mikrofon
Johanna Thomack von der Fachstelle für pflegende Angehörige am „AWO Mehr Generationen Haus“. Foto: Cindy Dötschel / Hochschule Coburg
Eine Frau zeigt auf das Bild eines Gehirns an der Wand.
Prof. Dr. Aileen Funke. Foto: Cindy Dötschel / Hochschule Coburg
Publikum
Das Thema interessierte viele Besucher:innen. Foto: Cindy Dötschel / Hochschule Coburg
Ein Mann auf der Bühne erklärt etwas.
Prof. Dr. Johannes Kraft. Foto: Cindy Dötschel / Hochschule Coburg
Ein Mann mit Mikrofon
Prof. Dr. Stefan Lautenbacher. Foto: Cindy Dötschel / Hochschule Coburg

Beim „TAO Themenabend Demenz“ ging es darum­­, warum Früherkennung so wichtig ist, was es Neues in der Forschung gibt und wie Demenz-Betroffene bestmöglich unterstützt werden können.

„Gesundheit analysieren & fördern“ ist einer der Forschungsschwerpunkte der Hochschule Coburg. Die Hochschule ist im Gesundheitsbereich gut vernetzt und kann auf vielfältige Kooperationen blicken. Ein langjähriger Partner ist das Regiomed-Klinikum, mit dem die Hochschule drei Themenabende im Rahmen des TAO Themenjahres Gesundheit organisierte. Rund 80 Besucher:innen kamen  zum Themenabend Demenz in die Alte Kühlhalle. Der Abend wurde vom Referat für Transfer und Entrepreneurship und dem Forschungsschwerpunkt der Hochschule Coburg organisiert. Außer Vertreter:innen der Hochschule und des Klinikums gab an diesem Abend auch eine Expertin aus der Praxis ihr Wissen weiter. Im Fokus stand unter anderem die Frage, wie einer Demenzerkrankung vorgebeugt werden kann und was im Fall einer Erkrankung zum Erhalt und zur Steigerung der Lebensqualität getan werden kann.

„In Deutschland haben 1,8 Millionen Menschen Demenz“, sagte Dr. Markus Neufeld, Leiter des Referats Transfer & Entrepreneurship, der die Veranstaltung moderierte. Demenz sei mittlerweile eine Volkskrankheit. Für die Hochschule Coburg ist der Themenabend eine Möglichkeit, sich zu vernetzen. „Unser Ziel ist es, das, was gelehrt und geforscht wird, in die Gesellschaft zu tragen“, sagte Vizepräsident Prof. Dr. Martin Synold.

Die Krankheit verzögern

Den ersten Vortrag hielt Prof. Dr. Johannes Kraft von Regiomed. Bei ihm ging es um Möglichkeiten zur Vorbeugung und zur Therapie. „Je früher eine Demenz diagnostiziert wird, desto besser kann man helfen“, sagte er. Ziel der Therapie sei es, den Verlauf zu verzögern und die Symptome zu verbessern. Eine Heilung sei nur in etwa zehn Prozent der Fälle möglich. Risikofaktoren für eine Demenz seien unter anderem Adipositas, Bluthochdruck, Schlafstörungen, Herzerkrankungen und eine Hörschwäche. „Die Hälfte aller Demenzerkrankungen könnte man Studien zufolge verhindern oder soweit verschieben, dass man sie nicht mehr erlebt“, so der Chefarzt. Weltweit werde nur ein Drittel der Erkrankungen richtig diagnostiziert.

Schmerzen lindern

Im Vortrag von Prof. Dr. Stefan Lautenbacher vom Bamberg Living Lab Dementia ging es um Schmerzen bei einer Demenzerkrankung. „Schmerzen sind eine sehr komplexe Angelegenheit. Menschen mit chronischen Schmerzen werden schneller und schwerer dement. Umgekehrt kann eine Demenz vorhandene Schmerzen verstärken“, sagte er. Auch wenn die Demenz nicht die direkte Ursache ist, würden Schmerzen bei einer Erkrankung tendenziell eher zunehmen.  Aus der Kombination von Schmerz und kognitiver Beeinträchtigung ergibt sich eine besondere Belastung: Mehr als die Hälfte der ausschließlich von Schmerz oder von kognitiver Beeinträchtigung betroffenen Personen ist in der Ausübung komplexerer Aktivitäten des täglichen Lebens eingeschränkt. Treten Schmerz und kognitive Einschränkungen allerdings in Kombination auf, wirkt sich das bei mehr als Dreiviertel der Betroffenen behindernd auf Alltagstätigkeiten aus.

Da Menschen mit Demenz sich ab einem gewissen Stadium nicht mehr umfassend artikulieren können, komme der Fremdbeobachtung zur Erkennung von Schmerzen eine bedeutende Rolle zu. „Dementen werden bei der gleichen Ausgangssituation durchschnittlich weniger Schmerzmittel verschrieben als nicht dementen Patient:innen“, stellte der Wissenschaftler einhellige Ergebnisse aus Studien verschiedener Jahre vor. Strukturierte Fremdbeobachtung mit speziell entwickelten Beobachtungsbögen und Ratingskalen können bei der Schmerzmessung bis zu einer mittelgradigen Demenz helfen, etwa die Pain Assessment in Impaired Cognition, kurz PAIC15. Hier bewertet eine außenstehende Person verschiedene Merkmale im Gesichtsausdruck, der Körperbewegung und Lautäußerungen, die auf Schmerz hindeuten können, anhand einer Skala.

Hilfe nicht nur für Betroffene

Den vorletzten Vortrag hielt Sozialpädagogin Johanna Thomack von der Fachstelle für pflegende Angehörige am "AWO Mehr Generationen Haus". Sie betonte, wie wichtig es sei, Informationen und Wissen zu der Krankheit zu verbreiten: „Demenz geht uns alle an – schließlich ist nicht nur die Patient:in betroffen. Wenn ich weiß, was sich verändert, kann ich im Alltag besser damit umgehen.“ Neben der Medikamententherapie für die Betroffenen gibt es zahlreiche Angebote, durch die vor allem auch die Angehörigen unterstützt werden können. „Es gibt Möglichkeiten, finanziell und rechtlich zu unterstützen. Außerdem kann durch Vorträge, Kurse und Seminare dazu beigetragen werden, dass die Demenz schneller erkannt wird.“ Beim anschließenden offenen Austausch stellte Thomack Informationsmaterial der Fachstelle und des Netzwerks Demenz bereit.

Das wird an der Hochschule Coburg erforscht

Zum Abschluss des Abends referierte Prof. Dr. Aileen Funke über neue Therapieoptionen für die Alzheimer-Demenz, die sie an der Hochschule Coburg erforscht. „Weil Alzheimer bis heute nicht heilbar ist, sind dringend neue Therapien nötig. Das Gehirn schrumpft, Nervenzellen gehen verloren und mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume werden immer größer“, sagte sie. Bei der Forschung kommen biotechnologische Methoden zum Einsatz. Ziel ist es, herauszufinden, wie verhindert werden kann, dass körpereigene Proteine im Gehirn verklumpen und sich so Ablagerungen bilden, die eine Demenz auslösen können.

Abschluss der Vortragsreihe

­Der „TAO Themenabend Demenz“ war nach dem TAO Themenabend Übergewicht und dem TAO Themenabend Krebs letzte Themenabend, der im Rahmen des TAO Themenjahrs Gesundheit 2023 von der Hochschule Coburg gemeinsam mit den Regiomed-Kliniken organisiert wurde. TAO ste­­­­­ht für Technologie-Allianz Oberfranken und ist eine Kooperation der vier oberfränkischen Hochschulen und Universitäten Bamberg, Bayreuth, Coburg und Hof. Die Veranstaltungen werden unterstützt durch das Projekt CREAPOLIS + design, gefördert im Rahmen der Bund-Länder-Initiative Innovative Hochschule.