Schülerpraktikum: von Ausleihtheke bis ZME

Freitag. 04. März 2022 (Miriam Hegner)
Von Spritzgusstechnologie bis zu Experimenten mit Druckluft: Schülerinnen und Schüler sammelten an der Hochschule Coburg praktische Erfahrungen. Foto: Marcel Trier / Hochschule Coburg
Die Neuntklässlerinnen und Neuntklässler schnupperten an der Hochschule Coburg in verschiedene Fachrichtungen hinein. Foto: Miriam Hegner / Hochschule Coburg
In Kronach lernten sie die selbstfahrenden Shuttlebusse kennen. Foto: Alexander Müller / Hochschule Coburg
Foto: Marcel Trier / Hochschule Coburg

Eine Woche lang haben Neuntklässler:innen aus Coburg und Neustadt im Rahmen eines Schulpraktikums in verschiedene Fachabteilungen der Hochschule in Coburg und Kronach hineingeschnuppert und dabei jede Menge gelernt und selbst ausprobiert.

„Den Propeller haben wir im Spritzgussverfahren hergestellt“, erklärt Anastasia und tippt an die Spitze ihres Modellflugzeugs. „Die Tragfläche, Leitwerk und Höhenruder haben wir mit einem CAD-Programm entworfen und mit einem Lasercutter ausgeschnitten“, ergänzt Jakob, „genauso wie den Flugzeugkörper.“

Entstanden sind die Modellflugzeuge während des einwöchigen Praktikums, das Anastasia, Jakob und elf weitere Schüler:innen des Coburger Gymnasiums Casimirianum, des Meranier-Gymnasiums Lichtenfels und des Neustadter Arnold-Gymnasium an der Hochschule Coburg verbrachten. Am Campus Friedrich Streib, bei der Vernetzungsplattform CREAPOLIS und bei einem Ausflug zum Lucas Cranach-Campus in Kronach gewannen die Neuntklässler:innen eine ganze Woche lang Einblicke und erste Erfahrungen in den Berufsfeldern Informatik, Automobiltechnologie, Ingenieurs- und Bibliothekswesen.

Hardware, Software und jede Menge Tickets: Praktikum in der IT

Florian und Jannik hatten sich für das IT-Zentrum als Praktikumsort entschieden. „Wir haben uns zum Beispiel das Portal „Meine Dienste“ angesehen – aber aus einer anderen Perspektive als ein normaler Nutzer“, berichtet Florian. „Das fand ich spannend“. Mit dem IT-Service waren sie den verschiedenen großen und kleinen Software- und Hardware-Problemen auf der Spur, die die Hochschulmitarbeiter:innen über das Ticketsystem gemeldet hatten. „Und wir durften bei ausgedienten Rechnern die Festplatten ausbauen“, ergänzt Jannik.

Ingenieurwesen zwischen Theorie und Know-how

Außer der Möglichkeit des Ausprobierens und Selbermachens gab es auch jede Menge Know-how und anschauliche Theorie – so auch für Anastasia, Jakob und zwei weitere Schüler, die in den Bereich Ingenieurswesen hineinschnupperten. „Wir haben erstmal erfahren, wieso das Flugzeug so geformt sein muss, unten flach und oben gebogen“, sagt Anastasia und fährt die Wölbung des Flugzeugkörpers mit dem Finger entlang. „Damit die Luft unterschiedlich schnell strömt und es Auftrieb gibt.“- „Dazu gabs sogar ein Experiment mit Druckluft und zwei mit Wasser gefüllten Röhren mit unterschiedlichen Durchmessern“, beschreibt Jakob den ersten Praktikumstag. „Dort, wo der Durchmesser geringer war und die Luft schneller geströmt ist, stieg das Wasser.“

Programmieren und Ausprobieren in der Automobiltechnologie

Die sechs Schüler, die sich für dem Bereich Automobiltechnologie entschieden hatten, durften unter anderem Prüfstandsfahrten auf dem Rollenprüfstand mitmachen, führten eine gegenseitige Befragung zum Fahrerlebnis bei E-Scootern durch, lernten bei einem Ausflug an den Lucas Cranach-Campus die selbstfahrenden Shuttlebusse in Kronach kennen und konnten das Programmieren von autonomen Roboterfahrzeugen ausprobieren. „Am Studienort Kronach drehte sich für die Schüler an einem Projekttag alles rund um die Technik, das Nutzererlebnis sowie die derzeitigen Forschungsschwerpunkte im Kontext autonomes Fahren“, sagt Alexander Müller, Laboringenieur für autonomes Fahren. Gemeinsam mit Prof. Dr. Georg Arbeiter, Studiengangsleiter Autonomes Fahren und Professor für Künstliche Intelligenz für autonomes Fahren betreute er die Schüler in Kronach. „Es war dabei faszinierend, welches technische Know-how sie bereits mitbrachten und wie unvoreingenommen sie die aktuellen Forschungsthemen hinterfragten und diskutierten.“

Rechereche im Bibliothekswesen

Einen ganz anderen Bereich hat sich Elisa mit der Hochschulbibliothek angesehen: Sie hat im Bibliothekskatalog recherchiert, Bücher für Nutzer bereitgestellt und zurückgegebene Bücher wieder einsortiert. Außerdem hat sie das Büchermagazin erkundet, die Bucherwerbung und -katalogisierung sowie das Fernleih- und das Mahnverfahren kennengelernt. „Besonders hat es mir an der Ausleihtheke gefallen“, sagt sie. „Aber auch das Bestellen von neuen Büchern war spannend. Ich kann mir sehr gut vorstellen, später in diesem Bereich zu arbeiten.“

Resümee: "sehr cool!"

Das einwöchige Pflichtpraktikum in der neunten Klasse der Gymnasien gibt es erst seit diesem Schuljahr. „Wir freuen uns, dass wir hier mit einem Angebot an Praktikumsplätzen unsere gute Zusammenarbeit mit den Schulen in der Region festigen können“, sagt Dr. Katja Kessel, Leiterin der Studienberatung, die die zentrale Organisation der Praktikumswoche an der Hochschule übernommen hat, inklusive gemeinsamer Begrüßungs- und Abschlussrunde für alle Schüler:innen. „Die Woche hier war sehr cool“, fasst Anastasia zusammen. „Ich finde Maschinenbau und Technik schon länger spannend und das Praktikum hat mir das bestätigt. Ich könnte mir gut vorstellen, etwas in dieser Richtung zu studieren.“

„Ich will auch auf jeden Fall studieren“, sagt Florian. „Und ich glaube es könnte wirklich Informatik werden.“ Sein Mitpraktikant Jannik ergänzt: „Dass ich mich für Informatik interessiere, war mir vor dem Praktikum schon klar. Aber hier habe ich einen guten Einblick bekommen, wie viele verschiedene Bereiche es innerhalb der Informatik gibt. Das war wirklich super.“

Und so fanden es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

Nicht nur für die Schüler:innen, auch für die Mitarbeiter:innen in den verschiedenen Fachabteilungen bot das Praktikum neue Perspektiven: „Es ist wirklich etwas anderes, Praktikanten in dieser Altersgruppe zu haben“, resümiert Marcel Trier, Mitarbeiter der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik „und die Inhalte so aufzubereiten, dass sie für die Schüler interessant, aber nicht zu schwierig sind. „Wir waren positiv überrascht, dass sie so interessiert waren, so viel mitgemacht und Fragen gestellt haben und auch schon so viel wussten - wirklich ein sehr positiver Eindruck“, fasst René Heubach vom IT-Zentrum zusammen.

Michael Schmitt, Leiter der Hochschulbibliothek ergänzt: „Unsere Praktikantin konnte das, was wir ihr gezeigt haben, echt schnell umsetzen, sie hat selbstständig Bücher beim Buchhändler bestellt und ins System aufgenommen, hat ganz selbstverständlich mitgearbeitet – wir waren echt total begeistert. Es ist ja nicht unbedingt selbstverständlich, dass jemand so viel Interesse am Bibliothekars-Beruf hat.“

Dr. Katja Kessel ist zufrieden. „Es ist schön, dass wir den Schülerinnen und Schülern bei ihrer Berufsorientierung Impulse und Anregungen geben konnten. Wir würden uns natürlich freuen, auch nächstes Jahr wieder Praktikantinnen und Praktikanten aus den neunten Klassen bei uns begrüßen zu dürfen.“