10. März '23
Mit einer Benefiz-Aktion starten zwei Studierende der Sozialen Arbeit an der Hochschule Coburg in ihr internationales Praxissemester. Thomas Fritsch und Nick Köppel radeln vom winterlichen Coburg aus nach Rumänien, um Spenden für das BuKi-Kinderhaus zu sammeln.
„Manche Kinder haben Bissspuren von Ratten im Gesicht. Weil die da einfach rumwuseln und die Kinder annagen.“ Thomas Fritsch beschreibt Kälte, Hunger und soziale Ängste in den Hütten des Roma-Slums Cidreag in Rumänien. „Viele der Eltern arbeiten in Deutschland in den großen Fleischereibetrieben oder im Straßenbau. Die Kinder sind sich selbst überlassen.“ Nick Köppel ergänzt, es gehe darum, die Spirale der Armut zu durchbrechen. In der Tagesstätte der deutschen BuKi-Initiative bekommen die Kinder Cidreags Bildung, pädagogische Betreuung und zwei Mahlzeiten am Tag. Fritsch und Köppel, Studierende der Sozialen Arbeit an der Hochschule Coburg, haben das BuKi-Haus bisher nur einmal besucht. In den kommenden sechs Monaten werden sie die Einrichtung als Praktikanten unterstützen. Und sie wollen zu ihrem Praktikum Geld mitbringen: Am Montag, 13. März, starten sie an der Hochschule Coburg zu einer Benefiz-Radtour, die durch Österreich und Ungarn bis Cidreag führt.
Ziel: drei Wochen, 1.500 Kilometer, 12.000 Euro
Knapp 1.500 Kilometer müssen die Studenten zurücklegen, um zu ihrem Praktikumsplatz zu gelangen. Pro Kilometer benötigen sie 8,50 Euro, damit sie ihr Ziel erreichen: Sie wollen 12.000 Euro sammeln und damit ein Jahr lang das Mittagessen für die etwa 50 Kids im BuKi-Haus finanzieren. „Wir hoffen auf größere Spenden von Unternehmen, sind aber auch jedem dankbar, der fünf Euro übrig hat – jeder Euro zählt“, sagt Fritsch. Ihre Reise dokumentieren sie auf Facebook und Instagram und verweisen auf die Webseite des Vereins BuKi-Hilfe, wo der Mittagstisch im BuKi-Haus einfach über ein Spendenkonto oder PayPal unterstützt werden kann. „Wer unsere Reise mitverfolgen will, kann auch einfach eingeben: Tom und Nick radeln für BuKi“, sagt Köppel. Drei Wochen planen sie für die winterliche Rad-Reise ein, schlafen werden sie bei Freunden des Projekts, im Kloster, im Zelt. „Wir sind beide sportlich und wollten mit einer besonderen Aktion starten, um darauf aufmerksam zu machen, dass Menschen in Europa unter nicht-menschenwürdigen Bedingungen leben.“
Kinderarmut und Soziale Arbeit
Vor wenigen Tagen stellte die Organisation Save the Children ihren Bericht über Kinderarmut in Europa vor. Den jüngsten Zahlen aus dem Jahr 2021 zufolge war das Armutsrisiko in Rumänien am höchsten: Demnach waren dort 41,5 Prozent der Kinder von Armut bedroht. Die Bevölkerungsgruppe der Roma lebt am Rand der Gesellschaft in einem der ärmsten Länder Europas. „Soziale Arbeit ist auch international“, erklärt Fritsch. „Ich glaube, ganz andere Lebensrealitäten kennen zu lernen, macht auch flexibler im Kopf und erleichtert es im Beruf, seine eigenen Aktionen kritisch zu hinterfragen: Ist es das, was die Leute wollen? Und inwiefern hilft es ihnen wirklich?“ In ihrem Beruf würden sie später immer wieder damit konfrontiert, dass Menschen dort zurecht kommen müssen, wo sie sind, in ihrem jeweiligen Umfeld. „Das ist das oberste Ziel“, sagt der Student.
Professioneller Austausch
Auf die Idee, das Praxissemester im Ausland zu machen, kam er in den Vorlesungen von Prof. Dr. Claudia Lohrenscheit. Seit einigen Jahren absolvieren Studierende der Sozialen Arbeit der Hochschule Coburg auch immer wieder bei BuKi ein Praktikum. Lohrenscheit hatte dazu einen Vortrag organisiert. Die Professorin für Internationale Soziale Arbeit und Menschenrechte an der Hochschule Coburg betreut die beiden Studierenden auch in ihrem Praxissemester. „In ihren Vorlesungen achtet sie sehr darauf, zu vernetzen und die Grenzen zu für uns als angehende Sozialarbeitende zu weiten“, sagt Fritsch. Köppel nickt. „Wenn man mit Menschen arbeitet, sieht man sehr viel Leid, aber es gibt auch sehr freudige Momente. Es ist wichtig, sich darüber auszutauschen, wie sich das miteinander verbinden lässt – und mit unserer Profession. Wir werden viele neue Erfahrungen machen.“
Auf dem Weg in eine andere Lebenswelt
Auch deshalb ist die Reise für sie der richtige Start in ihr Praktikum: Fritsch erzählt, wie die Umgebung beim Fahrradfahren wirkt: „Man nimmt deutlicher wahr, wie sie sich verändert, wie sich die Menschen verändern, die Sprache.“ Die angehenden Sozialarbeiter haben 1500 Kilometer, um sich der Lebenswelt der Menschen in Cidreag zu nähern. „Seit das Buki-Projekt vor zwölf Jahren gestartet ist, hat sich schon viel geändert.“ Köppel berichtet von der Wasserversorgung, die viele Hütten inzwischen haben. „Es gibt eine Müllabfuhr, die auch mehr oder weniger funktioniert.“ Und wenn das Benefiz-Radeln läuft wie geplant, gibt es für 50 Kinder ein Jahr lang ein warmes Mittagessen.