Bewegendes Hochschul-Buch: „Sportstadt Coburg“

Mittwoch. 29. September 2021 (Natalie Schalk)
1913 eröffnete der Coburger FC im Beisein der herzoglichen Familie den Johann-Leopold-Sportplatz, das heutige Dr.-Stocke-Stadion. Der durch einen Zaun separierte Platz, nur Eintrittskarten-Besitzern zugänglich, versprach finanzielle Sicherung (Robert Schäfer). Foto (Freundschaftsspiel gegen den 1. FC Nürnberg 1913): Sammlung Thorsten Kotschy (Eicha)
Christian Holtorf
Prof. Dr. Christian Holtorf - Foto: Hochschule Coburg

Sportwegweiser, Fußball, Skateboard-Contest: Studierende der Hochschule Coburg untersuchen das Phänomen Sport und entwickelten Ideen für die „Sportstadt Coburg“. Daraus ist ein Buch entstanden.

Der HSC macht Coburg zur Handballstadt. Andererseits denken viele bei Sport und Coburg als erstes an Tennis, seit Kevin Krawietz 2020 zum zweiten Mal den Doppel-Titel der French-Open holte. In den 1990er Jahren war Coburg bei Funsportlern in ganz Deutschland bekannt: 2500 Quadratmeter voller Halfpipes, Curbs, Miniramps – der Outdoor-Skatepark auf dem Gelände des Stadtjugendrings war damals einer der größten der Republik. Und was ist eigentlich der älteste bekannte Sportverein Coburgs? Die Schützengesellschaft, 1354 gegründet. Die Coburger Sportwelt ist vielfältig und wandelt sich. Sie ist in vieler Hinsicht auf andere Orte übertragbar. Sport betrifft viele, er interessiert viele, er ist ein Phänomen – dem widmete sich die Hochschule Coburg im Wintersemester 2020/21 in einem interdisziplinären Seminar. Unter dem Titel „Sportstadt Coburg. Ideen für die Regionalentwicklung“ wurden einige Ergebnisse nun als E-Book veröffentlicht.

Sportangebot aus Studierendensicht

Das Buch ist das zweite in der Reihe „Ergebnisse disziplinärer Lehre“, es zeigt auf spannende Weise die Geschichte der Region als eine Geschichte des Sports und es stellt mögliche Projekte vor, mit denen sich Coburg als Sportstadt entwickeln kann. Zum Beispiel als Marathonstadt. Oder als Wasserballstadt. Bwl-Student Matteo Lanzone beschreibt die Bedeutung der Coburger Sportangebote für Studierende und lotet Möglichkeiten aus. „Seit meinem ersten Tag in Coburg habe ich mir eines gewünscht: Wasserball in Coburg!“, schreibt er. „Ich komme nämlich aus Genua, Italien, wo Wasserball nicht als Nischen-Sportart gesehen wird, sondern fast ein Nationalsport ist.“

Fabian Geuß studiert Bauingenieurwesen und entwarf ein Konzept für einen Skateboard Contest als Initialzündung zum (Wieder-)Aufbau der Skaterszene in Coburg. „Auswärtige Studierende können einbezogen und dauerhaft in die lokale Szene einbezogen werden“, schlägt er beispielsweise vor. Studierende aus unterschiedlichen Fachrichtungen nutzten Methoden der Sozial- und Kulturwissenschaften, nahmen Kontakt zur Coburger Sportszene auf, um ihre Projektideen zu recherchieren. Seminarleiter Prof. Dr. Christian Holtorf erklärt: „Dabei fragten sie nach den gesellschaftlichen Wirkungen, nach möglichen Zielgruppen und Sponsoren und konnten dadurch konkrete Vorschläge für die praktische Umsetzung entwickeln.“

Häufig spielte eine Rolle, wie sich die Coburger Sportvereine weiterentwickeln können. Paulina Hilbig aus dem Studiengang Versicherungswirtschaft hat einen „Sportwegweiser“ erstellt, der dazu beitragen soll, dass die Vereine zur Anlaufstelle für Erstsemester werden. Lena Schmitt und Magdalena Schüler aus dem Studiengang Soziale Arbeit beleuchten in ihrem Beitrag Sport und Migration in Coburg. Ob E-Sport in der Hochschule oder vielfältige Outdoor-Möglichkeiten: Die Studierenden präsentieren auf knapp 130 Seiten neue Ansätze, um Coburg als Sportstadt auszubauen – und dabei Region und Hochschule zu verbinden.

Als Fußball noch rustikal war

Anregungen dafür hatten sie auch von Gastdozenten bekommen: Eberhard Fröbel, der das Sportamt der Stadt Coburg leitet, gab vielfältige Einblicke in die Coburger Szene, außerdem diskutierten die Studierenden mit Mario Tvrtković, Stadtplaner und Architekturprofessor der Hochschule Coburg, über Räume für den Sport in der Stadtentwicklung. Der Kölner Sporthistoriker Olaf Stieglitz sprach über Sport im Wandel der Zeit und der Kunsthistoriker und Sportjournalist Robert Schäfer über „Vereinssterben im Fußball – die Situation in Oberfranken“. Er vermittelte auch die historischen Bilder, die das Buch über die „Sportstadt“ illustrieren: Es sind alte, ungewöhnliche Fotos oberfränkischer Fußballplätze – mal mit einer Schafherde, die den Platz „mäht“, mal mit improvisierten Toren. Heute ist Sport ein breiter gesellschaftlicher Trend – aber auch ein Standortfaktor, wie Prof. Holtorf erklärt: „wissenschaftlich und technologisch, wirtschaftlich und kulturell, in Bezug auf Bildung und Gesundheit.“ Im Rahmen des Themenjahres „Technologie und Sport“ der TechnologieAllianzOberfranken TAO sind 2022 weitere Veranstaltungen geplant, die das „Phänomen Sport“ beleuchten.

Zum Buch:
Das Ebook ist kostenfrei hier abrufbar: http://permalink.bibkatalog.de/co/BV047456727