„Der schönste Job der Welt“

Mittwoch. 12. Oktober 2022 (Pia Dahlem)
Prof. Dr. Manfred Casties
Prof. Dr. Manfred Casties geht in den Ruhestand. / Foto: privat.

Seit 1999 ist Dr. Manfred Casties Professor für Gebäudetechnik an der Hochschule Coburg. Seine Fächer sind in den letzten Jahren aktueller denn je: Es geht um Heizen, Lüften und Energieeffizienz. Nun geht er in den Ruhestand.

„Bei Corona war ich wegen der Lüftung der Hörsäle fachlich betroffen und durch den Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen auf unsere Energieversorgung müssen viele Themen aus meinem Fach neu überdacht werden. Und dann ist da noch das Ziel bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen“, beginnt Prof. Dr. Manfred Casties das Gespräch. „Da kann ich mich auch in Zukunft eigentlich gar nicht raushalten.“
Er ist überhaupt nicht im Ruhestandsmodus. Bei Corona ging es ums hygienisch richtige Lüften. Casties hat die CO2 Konzentration in den Hörsälen der Hochschule gemessen, gab Empfehlungen zum Lüften und zu Lüftungsanlagen in Schulen. „In Räumen mit laufenden Lüftungsanlagen war die Luft immer gut. Der Haken: die brauchen viel Strom.“ Jetzt: Energiekrise, heizen: Genau sein Ding: „In meiner Doktorarbeit 1996 an der TU Berlin ging es um das Nutzerverhalten und den Heizenergieverbrauch von Wohngebäuden.“ So hat er natürlich einige Tipps für den bevorstehenden Winter. „Das Nutzerverhalten kann beim Verbrauch viel mehr ausmachen, als die Gebäudetechnik und die Dämmung“, sagt er. Die Empfehlung für die Heizsaison: „Fenster nicht immer auf Kipp lassen, sondern dreimal am Tag fünf Minuten stoßlüften, dabei das Thermostatventil am Heizkörper zudrehen.“ Für ihn ist das Ganze nicht neu. „Schon als ich studiert habe, war das Energiethema als Problem bekannt, wurde aber unter anderem wegen fehlender wirtschaftlicher Gründe nie forciert.“ Jetzt, da alles schnell gehen soll, rät der Professor zur Besonnenheit. „Inwieweit kurzfristig ein Ersatz der konventionellen Heizkessel durch mit ‚grünem Strom‘ betriebene Wärmepumpen, plus Photovoltaik auf dem Dach, möglich ist, muss abgewartet werden.“ Auch einen verstärkten Einsatz von Holz als Brennstoff findet er nicht unproblematisch.

„Unsere Absolvent:innen sind sehr gefragt“

Manfred Casties hat sich in über zwei Jahrzehnten an der Hochschule Coburg dafür engagiert, Studierenden eine umfassende Ausbildung zu ermöglichen. Dies gelingt in der Studienrichtung Energieeffizientes Gebäudedesign, als Teil des Studiengangs Bauingenieurwesen. Dabei geht es um modernes Know-how des nachhaltigen und energieeffizienten Bauens. Diese Richtung ergänzt die Fakultät Design mit ihren Studiengängen Bauingenieurwesen, Architektur, Innenarchitektur und Integriertes Produktdesign. „In unserer Studienrichtung vereinen wir mein Fach, die Gebäudetechnik, mit der Bauphysik und dem Bauingenieurwesen. Denn die Studierenden brauchen mehrere Sichtweisen.“ Die Bauphysik befasst sich mit Wärme-, Feuchte- und Schallschutz von Gebäuden, das Bauingenieurwesen mit Tragwerk und Statik und die Gebäudetechnik mit den Anlagen zum Heizen, Lüften und Klimatisieren von Gebäuden sowie mit Sanitär- und Elektrotechnik. Dieses fächerübergreifende Konzept hat sich bewährt. „Unsere Absolventinnen und Absolventen sind auf dem Markt schon immer sehr gefragt.“

Aus Berlin nach Coburg

Manfred Casties hat in Berlin Energie- und Verfahrenstechnik und später noch Innovationsmanagement studiert, danach die Promotion an der TU Berlin abgeschlossen. Dazwischen arbeitete er in verschiedenen Ingenieurbüros und hat einige Lehraufträge innegehabt. „Von Berlin aus bin ich nach Coburg an die Hochschule gekommen, was einer gewissen Umstellung bedurfte“, erzählt er augenzwinkernd. „Doch Coburg ist, gerade wenn man eine Familie hat, viel netter als Berlin, darum bin ich sehr froh, hier zu leben.“

Sein wichtigstes Forschungsprojekt war das Monitoring des sogenannten „Green Hospital“, dem Neubau des Krankenhauses in Lichtenfels. Das Projekt der "TechnologieAllianzOberfranken“ (TAO), also der Zusammenarbeit mit der Hochschule Hof und der Universität Bayreuth, endet genau mit seinem Wirken in Coburg. „Ich war über zehn Jahre von der Planung bis zum Betrieb dabei. Unsere Aufgabe war, zu überprüfen, ob das Krankenhaus auch wirklich ‚green‘ ist.“ Der Abschlussbericht wird demnächst veröffentlicht und gerne würde Casties noch weiter daran forschen. „Wir haben so viele Daten gesammelt und könnten daraus noch viele Bachelorarbeiten machen.“

Vielfältige Interessen

Bloß keine Langeweile, ist ein Motto des 66-Jährigen. Die wird er sicher nicht haben, denn es gibt für ihn noch viel zu tun. Als stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises Klimatechnik und Herausgeber einer Fachbuchreihe für Klimatechnik ist er weiterhin recht eingespannt. In seiner Freizeit will er nun wieder mehr kulturelle Angebote nutzen und denkt darüber nach, eingeschlafene Hobbys zu aktivieren: „Ich habe in einer Jazz-Band Bass gespielt und bin Motorradfahrer, dazu habe ich nun wieder mehr Gelegenheit.“ Sicher ist, dass Prof. Casties nie ganz auf „seine Studierenden“ verzichten muss, schließlich bestehen viele Kontakte auch über das Studium hinaus. Zum Abschluss sagt er nur: „Professor zu sein, ist für mich der schönste Job der Welt!“