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5. August '20

Technik bestimmt so vieles in unserem Leben – ist Musik und Kunst etwas, das nur Menschen produzieren können? Die Hochschule Coburg hinterfragt ästhetische und kulturelle Traditionen.

Hatsune Miku singt, tanzt, die Halle tobt. Aber der japanische Pop-Star ist kein Mensch. Sie ist ein virtuelles Manga-Mädchen, ein Wesen aus dem Computer. „Wenn sie live auftritt, wird ihre animierte Figur auf eine Glasplatte projiziert, was ihr einen 3D-Effekt verleiht”, schreibt Innenarchitektur-Studentin Kathrin Lindner im Booklet zum Seminar „Sounds der Zukunft? Neue Musik hören und verstehen”.

Im vergangenen Jahr beschäftigte sich die Hochschule Coburg mit der Frage, wie sich Digitalisierung und künstliche Intelligenz in der Musik auswirken. Der preisgekrönte Komponist Klaus Ospald war zu Gast, eines seiner Coburger Konzerte wurde später auf BR Klassik gesendet und über neue Forschung zu Digitalisierung und künstliche Intelligenz diskutierten über 30 Expertinnen und Experten aus fünf Fakultäten und dem Wissenschafts- und Kulturzentrum der Hochschule Coburg, der Universität Bamberg und der TU München sowie aus mehreren Unternehmen im „Coburger Live-Forum Sounds der Zukunft“. Es waren zwei Dutzend Veranstaltungen. Diejenigen, die sie besucht haben, sprechen noch heute darüber.

Knigge und Kultur: klassische Musik vs. Punk

Ein Jahr später lebt das Flair dieser außergewöhnlichen Reihe in dem kleinen Buch wieder auf: Studierende aus fünf verschiedenen Studiengängen hatten sich über das Wissenschafts- und Kulturzentrum in einem begleitenden Seminar von Prof. Dr. Christian Holtorf interdisziplinär mit der Entstehung und Wirkung von Musik beschäftigt und darüber ihre Seminararbeiten geschrieben. Einige wurden in dem Booklet veröffentlicht – und das ist passend zum Thema nicht gedruckt, sondern online erhältlich. Leserinnen und Leser erfahren hier, dass die künstliche Künstlerin Hatsune Miku aus Japan auch in Europa, auch in Deutschland, Hallen füllt. Oder wie sich das Publikum bei klassischen Konzerten und bei Punk- oder Hardcore-Festivals typischerweise verhält. Marie-Louise Schatz aus dem Studiengang Soziale Arbeit analysiert unter anderem als angemessen empfundenen Applaus und entsprechende Kleidung, den jeweiligen Alkoholkonsum und die Reaktion auf Störungen wie Handyklingeln und Rülpsen. Und wie sich das Publikum bewegt: „Bei Brahms war auch ein leichtes Mitschwingen des Kopfes und/oder des Oberkörpers zu beobachten”, stellt Schatz fest.

Physik und Traum

Es sind unterhaltsame, ungewöhnliche Ansätze, die die Studierenden teils tiefgründig, teils so bildgewaltig beschreiben, dass sie die Leserinnen und Leser mit in eine Welt aus Tönen und Technik, aus KI, Kunst und Konzert entführen: „Es eröffnete sich ein industriehallenartiger Raum. Hohe Wände aus Backstein, große Metalltüren, alte Spinde mit Aufklebern von Firmen wie Caramba oder SKF. In einer Ecke befand sich eine kleine Etage, robust und einfach aus Metallträgern und -gittern zusammengeschraubt. Von ihrem Geländer hingen, wie die alten Häute einer Schlange, mehrere ausgeblichene Rennfahrer-Overalls.” Das schreibt Fabian Piermaier. In seinem Essay „Es gibt mehr Dinge, als in der Harmonie geträumt werden können”, beweist der Student der Technischen Physik auf eindrucksvolle Weise, dass Menschen in technischen Berufen weit mehr als nur Zahlen begreifen können. Worum es bei ihm geht? Das lässt sich im gerade erschienenen Booklet nachlesen. „Sounds der Zukunft? Neue Musik hören und verstehen – Ergebnisse interdisziplinärer Lehre” ist hier kostenfrei erhältlich.


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