Alles was recht ist: Vizekanzlerin Kossmann im Gespräch

Mittwoch. 22. September 2021 (Natalie Schalk)
Yvonne Kossmann ist Justiziarin und Vizekanzlerin der Hochschule Coburg. Foto: Julian Uebe / Hochschule Coburg
Juristerei zwischen Studium, Lehre und Verwaltung: Yvonne Kossmann bei der Arbeit. Foto: Julian Uebe / Hochschule Coburg

Yvonne Kossmann kam 2010 als Juristin an die Hochschule Coburg. Ihr zehnjähriges Jubiläum als Vizekanzlerin wurde coronabedingt nur leise gefeiert. Jetzt erzählt sie von ihren Erlebnissen und berichtet, welche großen Veränderungen anstehen.

Studierende haben Ideen. Mal schnell in der Vorlesungspause irgendwo in den Gängen der Hochschule den Kocher auspacken, Topf drauf, Süppchen an. „Natürlich gab‘s das schon.“ Yvonne Kossmann, Mitte 50, schulterlange rotbraune Haare, sitzt vor einer Wand voller Ordner und Gesetzesbücher am Computer. Sie lacht. „Bei uns gibt es alles!“ In über zehn Jahren als Justiziarin der Hochschule Coburg hatte sie auch schon einige kuriose Fälle auf dem Tisch. Manchmal ist es ganz einfach. Kochen im Gang zum Beispiel verbietet die Brandschutzverordnung. Und was ist mit Bier brauen? Nicht auf dem Gang, sondern grundsätzlich? Das wiederum geht. War mal Seminarthema und ist erlaubt, wenn Biersteuergesetz und lebensmittelrechtliche Vorgaben erfüllt werden. Als sie 2010 anfing, war Kossmann für alle rechtlichen Fragen in Angelegenheiten der Hochschulverwaltung zuständig. Zunächst. „Nach ein paar Monaten kam das ,Attentat‘: Vizekanzlerin.“

Strukturen im Wandel

Justiziarin Kossmann wurde damals sehr schnell die Vertreterin der langjährigen Kanzlerin Maria Knott-Lutze, und als diese vergangenes Jahr in den Ruhestand ging, merkte der neue Kanzler Dr. Matthias J. Kaiser genauso schnell, wie wichtig die Vizekanzlerin für die Arbeit der Verwaltung ist. Wo die Aufgaben der Justiziarin enden und die der Vizekanzlerin beginnen, kann allerdings niemand genau sagen. „Der Übergang war immer fließend“, Kossmann zuckt die Achseln, „und wenn man es mit anderen Hochschulen vergleicht, findet man die gleichen Funktionen: stellvertretende Kanzlerschaft, Justiziariat. Aber der Zuschnitt ist überall anders.“ Und durch den Wechsel von Knott-Lutze auf Kaiser verändert sich der Zuschnitt auch in Coburg wieder.

In den vergangenen Monaten gab Kossmann die Leitung der Abteilung für Studienangelegenheiten an Daniela Kreissl-Jakob und Tobias Schmidt ab und übernahm beispielsweise die Wahlleitung der Hochschulwahlen. Außerdem bringt sie sich inzwischen stärker in strategische Themen ein. „Daran war dem Kanzler sehr gelegen“, erklärt sie, „wir sind mitten in einer großen Umstrukturierung, wir müssen uns neu sortieren, unsere Abläufe und Prozesse anpassen. Dazu gehört auch, Regelungen zu hinterfragen, Satzungen vorzubereiten und Beschlussvorlagen für die verschiedenen Gremien zu liefern.“

Zuhause in Kronach und Coburg

Studiert hat Kossmann Jura in Bayreuth, arbeitete dann gut zehn Jahre in einer Kronacher Anwaltskanzlei und wollte eigentlich nicht in Oberfranken bleiben. „Es hat sich dann halt anders ergeben.“ Heute ist sie froh darüber. Sie lebt mit Mann, Hund und fünf Katzen in der Nähe von Kronach. „Ich schätze sehr, dass hier so viel Platz ist, so viel Natur.“ Und sie schätzt die Freiräume in der Hochschule: „das immer offene, vertrauensvolle Verhältnis in der gesamten Hochschulleitung, so dass man sich einbringen kann“, sie streicht eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht, „dass man seine Bedenken einbringen kann. Juristen sind ja – quasi von Amts wegen – Bedenkenträger.“

Sie spricht über das in Bayern geplante Hochschulinnovationsgesetz, das im Mai dem Kabinett vorgelegt wurde und jetzt in den Verbänden diskutiert wird. „Wenn das so kommt, wird eine Menge, eine wirklich große Menge, an neuen Regelungen erforderlich.“ Fällt beispielsweise die Rahmenprüfungsordnung weg, müssen die Hochschulen ihre Allgemeinen Prüfungsordnungen überarbeiten und ergänzen. Außerdem werde beispielsweise auch die bisherige Organisationsstruktur in Fakultäten zumindest diskutiert werden müssen, wenn im Gesetz dann nur die Rede von „akademischen Selbstverwaltungseinheiten“ ist. Es werden Anpassungen in der Grundordnung der Hochschule notwendig.

Ein Raum voller Geheimnisse

Es gibt immer wieder Entwicklungen, die Anpassungen erfordern. Digitalisierung, Datenschutz, Corona. Die Aufgabenfülle wächst; Aufgabenteilung und -spezialisierung werden immer wichtiger. „Gut, dass wir für den Bereich Forschung mit Claudia Werner eine Kollegin haben, die sich auf diesem Fachgebiet sehr gut auskennt“, sagt Kossmann. Ab November wird außerdem eine neue Kollegin das Justiziariat unterstützen. Einzelfälle gibt es nach wie vor jede Menge: von der Anerkennung von Studienleistungen über prüfungsrechtliche Entscheidungen und arbeitsrechtliche Anfragen bis hin zur Erstellung aller möglichen Verträge. Auch die Beurteilung kurioser Sonderfälle gehört weiterhin dazu. Viele spannende, kleine Geschichten. Die erzählt Yvonne Kossmann aber nicht. „Bei uns gibt es nichts, was es nicht gibt. Aber wer hier hereinkommt und im Vertrauen etwas erzählt, kann sich darauf verlassen, dass es diesen Raum nicht verlässt.“