Eine Frage – Drei Antworten: Mitlaufen oder Mitwirken?

Montag. 12. November 2012 (Pressestelle)
Diplom-Sozialarbeiter Wolfgang Budde (Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit)
Prof. Dr. Hedwig Schmid (Fakultät Wirtschaft)
Prof. Peter Raab (Fakultät Design)

Was geschieht, wenn ein Betriebswirt, ein Sozialarbeiter und ein Designer über das gleiche Thema sprechen? Beim 1. Dies academicus der Hochschule Coburg stellten drei Experten aus unterschiedlichen Bereichen der Hochschule Coburg ihre Gedanken zu ein und derselben Fragestellung vor.

Fachliche Kompetenzen und ein breites Wissensangebot - das zeichnet die Hochschule Coburg aus. Die akademische Jahrfeier soll deshalb auch als Plattform, für einen Dialog mit der Wissenschaft dienen. Zum Thema „Mitlaufen oder Mitwirken? Chancen und Risiken der Aktivierung“ gaben drei SpezialistInnen der Hochschule Coburg Antworten aus ihren ganz eigenen Blickwinkeln.

Wolfgang Budde, Dozent im Studiengang Soziale Arbeit, näherte sich dem Thema aus Sicht des Sozialarbeiters. Sein Credo: „Menschen kann besser geholfen werden, wenn sie sich selber helfen dürfen.“ Als Beispiel stellte er das Forschungsprojekt „Familienrat“ vor. Dort werden Familien betreut und bei der Erziehung ihrer Kinder unterstützt. Um ein aktives Mitwirken der Betroffenen zu erreichen, nehmen sich die Sozialarbeiter komplett zurück. Sie helfen stattdessen bei der Selbstorganisation einer Lösung. So können Familien zusammen mit Verwandten, Nachbarn und Freunden einen Plan erarbeiten, der aus ihren eigenen Ideen besteht. Denn häufig werden genau diese am besten umgesetzt. Wichtig für den Prozess sei, laut Budde, dass den Betroffenen die Kompetenz zugetraut wird, das Problem selbst zu lösen. Das Modell könne man auch auf den Unterricht mit Studierenden übertragen. Wenn diese erleben, dass Professoren und Lehrbeauftragte ihnen die nötigen Kompetenzen zutrauen, werden sie auch von selbst aktiv.

Dr. Hedwig Schmid, Professorin in der Fakultät Wirtschaft, betrachtete das Thema aus personalökonomischer Sicht. In welcher Beziehung stehen Engagement und Grundzufriedenheit in einem Unternehmen? Und: Wie zufrieden sind deutsche Arbeitnehmer überhaupt? Der Gallup Engagement Index gibt darüber Auskunft. Demnach gibt es drei Typen von Arbeitnehmern. Diejenigen, die sich ihrem Arbeitgeber emotional verpflichtet fühlen. Diejenigen, die lediglich Dienst nach Vorschrift erledigen. Und diejenigen, die innerlich schon gekündigt haben. Das traurige Ergebnis: 63 Prozent weisen eine geringe emotionale Bindung zum Unternehmen auf und 23 Prozent gar keine emotionale Bindung. Professorin Schmid zeigte mögliche Handlungsfelder für Unternehmen auf. Zum einen sei es wichtig, die Arbeitsplatzsicherheit zu stärken, betonte sie. Zum anderen müsse das Gehaltsmanagement optimiert werden: „Arbeit soll sich lohnen.“ In der Förderung der Stressbewältigung und dem Ausbau der Führungskompetenzen im Top-Management sieht Schmid weitere wichtige Faktoren für zufriedene Mitarbeiter.

Als dritter Experte hatte sich Peter Raab zum Thema Gedanken gemacht. Raab ist Professor im Studiengang Integriertes Produktdesign und setzte sich erst einmal grundsätzlich mit der Fragestellung auseinander. Er bevorzuge eher die Bezeichnung „Mitgestalten“. Denn das sei das, was er täglich tue. Designer würden sich häufig zwischen Freiheit und Notwendigkeit befinden - manchmal hart an der Grenze zum Nachmachen. Deshalb möchte Raab vor allem eins erreichen: Dass seine Studierenden lernen, Grenzen niederzureißen. Man müsse neue Wege gehen, Altes in Frage stellen, falsche Fragen stellen und richtige Antworten erhalten. Im coburg designlab bietet er Studierenden das nötige Forum, um auch neben der Lehre aktiv zu werden. Und die Methode hat Erfolg. Bestes Beispiel: Die Rapidgeige. Dieses Instrument wurde von dem Studenten Peter Böckel außerhalb des regulären Studiums entwickelt und realisiert. Es besteht aus Kunststoff und wurde komplett im Rapid-Prototyping-Verfahren erstellt.

So unterschiedlich wie die Fachbereiche, waren also die Antworten der drei Experten beim Dies academicus auf die Frage: Mitlaufen oder Mitwirken? Eine Vielfalt, die sich auch an der Hochschule Coburg täglich widerspiegelt.